Im Spannungsfeld von Artenschutz und Energiewende

Solarpark in der Nähe des bedeutendsten Ortolan-Brutgebietes in Süddeutschland geplant – Gute Zusammenarbeit ist gefragt

Klimawandel und Artensterben sind zwei miteinander verwobene Krisen, wobei sich Bemühungen beiden zu begegnen, auch gegenseitig im Weg stehen können. Aktuell ist dies der Fall bei einem Solarpark bei Grettstadt (Lkr. Schweinfurt), der in unmittelbarer Nähe eines bedeutenden Brutgebietes des in Bayern vom Aussterben bedrohten Ortolans geplant ist. Wir befürchtet deshalb gravierende Folgen für die seltene Vogelart. Die Ammernart steht nach EU-Recht unter strengem Schutz. Der Solarpark wiederum ist ein wichtiger Baustein beim Bestreben, klimaneutrale und regionale Energie zu erzeugen.

Ortolan-auf-Zweig | ©  Frank Derer © Frank Derer
Der Ortolan ist in Bayern vom Aussterben bedroht

Hier ist eine gute Abstimmung und Kompromissfähigkeit aller Beteiligten wichtig, damit sowohl Klima- als auch Artenschutz zu ihrem Recht kommen. Zusammen mit einem der deutschlandweit renommiertesten Ornithologen Prof. Franz Bairlein, der auch Mitglied des wissenschaftlichen Beirats des LBV ist, machte sich LBV-Vorsitzender Dr. Norbert Schäffer heute ein Bild von der Lage vor Ort. Im Vergleich zu Ortolanen in anderen Gebieten erkennt man den fränkischen Ortolan ganz klar an seinem Gesang. Er singt sozusagen fränkisch.

Für den Bruterfolg sind zusammenhängende Flächen entscheidend

Ortolan-sitzend-im-Sand_|©  J.-H. Fünfstück © J.-H. Fünfstück
Der Ortolan ist inzwischen ein sehr seltener Feldvogel

Die Bedeutung der vom geplanten Solarpark betroffenen Flächen in Unterfranken ist für den Ortolan so entscheidend, weil hier das allerletzte größere Brutvorkommen in ganz Süddeutschland liegt. Die rechtzeitige Abstimmung mit unseren Expert*innen, die das Artenhilfsprogramm für den Ortolan umsetzen, war hier immens wichtig, um die richtigen Flächen zu finden, auf welchen die Photovoltaik-Module den Vogel weniger beeinträchtigen.

Der Ortolan lebt in gesunden Populationen in Singgemeinschaften von mindestens einem Dutzend Vogelmännchen. Nur in Gebieten, in denen viele Männchen singen, bleiben auch die Weibchen. Nur dort gibt es den für die Population so wichtigen Bruterfolg. Deshalb sollten diese noch zusammenhängenden Lebensräume nicht durch Eingriffe weiter voneinander getrennt werden. Denn der Verlust bereits eines einzigen Reviers kann dazu führen, dass die Größe des Bestands schnell unter eine kritische Grenze sinkt.

Vielfältige Bedrohung für die Ortolane

Ortolan-singt-vor-Blau |© Markus Glaessel © Markus Glaessel
Mindestens ein Duzend singenden Ortolan-Männchen sind für ein Brutgebiete notwendig

Alternative Standorte für Solaranlagen könnten bereits bebaute, versiegelte Flächen sein, wie überdachte Parkplätze.

Doch der geplante Solarpark bei Grettstadt ist nicht die einzige Bedrohung für das Brutgebiet der letzten bayerischen Ortolane: zwei großräumige Flurneuordnungsverfahren verändern dort die Landschaft und ein weiterer Solarpark ist zusätzlich geplant. Ein einziger Eingriff wäre vielleicht noch zu verkraften, doch die Summe der geplanten großflächigen Veränderungen kann der ohnehin kleinen bayerischen Ortolan-Population sehr stark zusetzen.

Selbst wenn noch nicht endgültig wissenschaftlich nachgewiesen ist, wie stark der Ortolan von Solarparks beeinträchtigt wird, muss hier aus unserer Sicht trotzdem Vorsorge für den Schutz dieser in ganz Süddeutschland vom Aussterben bedrohten Art getroffen werden. Nicht zuletzt verpflichtet auch das EU-Recht zu einer ausreichenden Ausweisung von Schutzgebieten und konkreten Schutzmaßnahmen für den Ortolan.

Letzte Brutgebiete in Bayern

Der Ortolan kommt im Freistaat nur noch in den Landkreisen Schweinfurt, Kitzingen, Würzburg und Neustadt an der Aisch vor. Dort versucht der LBV seit 2006 in enger Zusammenarbeit mit Landwirt*innen im aufwändigen Artenhilfsprogramm Ortolan den Rückgang dieses sehr seltenen Feldvogels aufzuhalten. Der Bestand konnte stabilisiert, in manchen Jahren sogar ein leichter Zuwachs verzeichnet werden. In den letzten beiden Jahren allerdings führte vor allem das schlechte Wetter zu Einbußen und diese negative Entwicklung bereit uns große Sorgen.

Hintergrundinformationen

Seit Jahrzehnten befinden sich die Ortolan-Bestände in ganz Mittel- und Westeuropa im Rückgang. In der jüngsten Roten Liste aus dem Jahr 2016 wird der Ortolan in Bayern als vom Aussterben bedroht eingestuft. Der Einbruch der Population ist dramatisch: Seit den 1980er Jahren sind die Bestände im Freistaat um rund 80 Prozent zurückgegangen. Trotz der Bestandseinbrüche ist der Ortolan aber immerhin noch nicht aus Bayern verschwunden. Das unterscheidet Bayern von vielen anderen Regionen Süd- und Westdeutschlands, in denen der Ortolan in den letzten Jahrzehnten ausgestorben ist. Dass ihm dieses Schicksal auch hierzulande ereilt, verhindern bislang nur intensive Schutzbemühungen des LBV im Rahmen des bayerischen Artenhilfsprogramms.

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© Ralph Sturm

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