Igel in Bayern: Meldungen aus zehn Jahren bestätigen häufigste Gefahren
LBV fordert Nachfahrverbot für Mähroboter – Meldeaktion zeigt: Füttern kann auch negative Folgen haben
Sie schnaufen, schmatzen und rollen sich bei Gefahr zusammen: Igel gehören für viele Menschen zu den liebsten Gartenbesuchern. Im Projekt „Igel in Bayern“ ruft der LBV jedes Jahr Bürgerinnen und Bürger dazu auf, ihre Beobachtungen online zu melden. Seit 2015 wurden so rund 128.000 lebende und tote Igel im Freistaat gemeldet.

„Vor allem in städtischen Grünanlagen und privaten Gärten sind Igel häufig unterwegs. Unsere Daten bestätigen, dass sie dort oft Opfer des Straßenverkehrs oder Mähroboters werden“, berichtet LBV-Biologin Dr. Angelika Nelson. Auffällig ist auch, dass Futterstellen mehr Igel als gewöhnlich in die Gärten locken. „Mehrere Igel regelmäßig oder sogar ganzjährig zu füttern, ist nicht sinnvoll. Igel sind Einzelgänger, die weder Futter noch Unterschlupf gerne teilen und diese manchmal vehement gegen Artgenossen verteidigen“, so Nelson. Tipps, wie jede und jeder den Igel im eigenen Garten schützen kann, gibt der LBV unter www.igel-in-bayern.de.

Zehn Jahre „Igel in Bayern“ zeigen, dass der Igel ein beliebter Bewohner in Bayerns Gärten ist. Das bestätigt die große Anzahl von Meldungen mit rund 91.400 lebenden und 36.600 toten Igeln im Siedlungsbereich, die den LBV im Rahmen des Projektes erreicht haben. „Da das stachelige Säugetier nachaktiv ist, werden ab der Abenddämmerung bis spät in die Nacht die meisten lebenden Igel beobachtet. Im Jahresverlauf gehen die meisten Meldungen im Herbst ein, wenn viele Jungigel für den bevorstehenden Winterschlaf auf Futtersuche sind“, berichtet die LBV-Biologin.
Straßenverkehr als häufigste Todesursache
Gut ein Drittel aller Meldungen sind Totfunde. Denn im Siedlungsraum lauern viele Gefahren für den kleinen Stachelritter. „Am häufigsten fällt der Igel dem Verkehr zum Opfer, denn Straßen und versiegelte Flächen zerschneiden seinen Lebensraum. Besonders während der Paarungszeit ab Mai legen Igel große Distanzen zurück. Sie durchstreifen ein Gebiet von bis zu 15 Hektar und müssen dabei oft Straßen überqueren. Hierbei wird es für sie gefährlich“, sagt Angelika Nelson. Deshalb appelliert der LBV an Autofahrerinnen und Autofahrer – gerade in der Abend- und Morgendämmerung sowie nachts – besonders vorsichtig und vorausschauend zu fahren.

Mähroboter: Unterschätzte Gefahr im Garten
Eine weitere Gefahr für den Igel fährt durch seinen Hauptlebensraum, den Garten. Der zunehmende Einsatz von Mährobotern - aber auch anderen elektrischen Gartengeräten wie Freischneidern - fügt den nachtaktiven Säugetieren oft schwere Verletzungen zu, an denen sie qualvoll verenden.
Die Igel sind den Maschinen schutzlos ausgeliefert, weil sie bei Gefahr nicht davonlaufen, sondern sich zu einer Stachelkugel zusammenrollen. Da die Anzahl der Mähroboter in Bayerns Gärten über die letzten Jahre zugenommen hat, wird deren Einsatz jetzt auch speziell als Todesursache im Projekt abgefragt. Doch um den Igel zu schützen, braucht es noch mehr.
„Ein flächendeckendes Nachtfahrverbot für Mähroboter, wie es immer mehr Gemeinden in Deutschland einführen, wäre hier ein erster wichtiger Schritt“, betont Angelika Nelson. Dies forderte vor Kurzem auch die Landtagsfraktion der Grünen in einem Gesetzesentwurf. Gerade zur kommenden Urlaubszeit hat der LBV einen dringenden Appell: Wer jetzt wegfährt, sollte seinen Mähroboter vor der Reise vollständig abschalten und auf keinen Fall unbeaufsichtigt laufen lassen.
Futterstellen für Igel: Gut gemeint, oft gefährlich
Die Daten der Meldeaktion zeigen auch, dass meist einzelne Igel gesichtet werden – ganz typisch für ihre natürliche Lebensweise als Einzelgänger, die nur zur Paarungszeit Artgenossen aufsuchen. In Gärten gehen Igel auf Nahrungssuche nach Käfern, Nachtfaltern und deren Larven, die leider immer schwieriger zu finden sind. Falsch verstandene Tierliebe kann Igeln hierbei mehr schaden als nützen: Wird regelmäßig Futter angeboten, lockt dies Igel aus einem großen Umkreis an. „Im Schnitt werden aus Gärten mit Futterstellen dreieinhalb Mal mehr Igel gemeldet als in solchen ohne. Der Rekord lag bei 22 Tieren auf einmal“, berichtet Angelika Nelson.
Die Folgen können gravierend sein: Der enge Kontakt vieler Igel kann dazu führen, dass Krankheiten leicht übertragen werden. Auch erhöht sich das Stress- und Konfliktpotenzial. Falsches Futter und mangelnde Hygiene an Futterstellen können für den Igel schlimmstenfalls sogar tödlich sein. „Der Igel ist ein Wildtier. Eine Zufütterung soll nur in Notsituationen erfolgen, zum Beispiel wenn die Tiere schwach oder kurz vor und nach der Winterschlafzeit untergewichtig sind“, erklärt die LBV-Biologin. Am besten hilft dem Igel ein naturnaher Garten mit ausreichend Insektennahrung und sicheren Verstecken.
