EuGH-Urteil: Auch Bayern muss in FFH-Schutzgebieten deutlich nachlegen

Zumeldung des LBV zu dem heutigen EuGH-Urteil

Deutschland hat bei seinen Fauna-Flora-Habitat-Schutzgebieten gegen EU-Naturschutzrecht verstoßen – so lautet das heutige Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), nachdem die Europäische Kommission im Zuge eines Vertragsverletzungsverfahrens geklagt hatte. Jetzt muss Deutschland bei einem Teil seiner FFH-Gebiete nachbessern, sonst drohen Strafzahlungen. Der LBV begrüßt diese Entscheidung sehr, weil klare Defizite benannt wurden, die es nun auch in Bayern zu beheben gilt.

LBV Schutzgebiet Haarmoos mit vielen schneebedeckten Bergen im Hintergrund | © LBV © LBV
Laut EuGH-Urteil hat Deutschland bei seinen Fauna-Flora-Habitat-Schutzgebieten gegen EU-Naturschutzrecht verstoßen.

Der LBV-Landesfachbeauftragte für Naturschutz Dr. Andreas von Lindeiner sagt: “Unverbindlich, unkonkret und unzureichend – nachdem Deutschland in den vergangenen Jahrzehnten bei der Umsetzung der FFH-Richtlinie in seinen Schutzgebieten geschlampt hat, bestätigt das heutige Urteil, was man in den Schutzgebieten selbst schon sieht: Nur 25 Prozent der Arten und 30 Prozent der Lebensraumtypen befinden sich derzeit in einem günstigen Erhaltungszustand. Es ist die letzte Mahnung an Bund und Länder, FFH-Gebiete nicht nur auszuweisen, sondern konkret zu schützen – sonst drohen Strafzahlungen. Der besorgniserregend schlechte Zustand vieler Gebiete unterstreicht den dringenden Handlungsbedarf. Auch Bayern muss jetzt dringend nachlegen.” Die EU-Kommission führt als explizites Beispiel an, dass bei zahlreichen Gebieten in Bayern, in denen der Lebensraumtyp 6510 „Magere Flachland-Mähwiesen“, also die wichtigen artenreichen Blumenwiesen, vorkommt, die Erhaltungsziele sehr allgemein und ohne Angabe quantitativer oder messbarer Elemente bestimmt würden.

Der LBV fordert die bayerische Staatsregierung auf, für die Schutzgebiete verbindliche und gebietsspezifische Erhaltungs- und Entwicklungsziele festzulegen, ein aktives Management zu beginnen sowie ein transparentes Monitoring zu etablieren, damit der Schutz der Lebensräume und Arten mindestens regional messbar wird. So sieht es auch die EU-Biodiversitätsstrategie vor. Darüber hinaus gelte es, zusätzliche, ökologisch hochwertige Flächen als Schutzgebiete auszuweisen und die Gebiete besser miteinander zu verbinden. Eine Chance hierfür bietet das EU-Gesetz zur Wiederherstellung der Natur (Nature Restoration Law) und das Natur-Flächen-Gesetz.

Hintergrund: Vertragsverletzungsverfahren und Klagen gegen Deutschland

Von Beginn an hinkte Deutschland bei der Umsetzung der FFH-Richtlinie und damit dem Schutz von Natura-2000-Gebieten hinterher und verschleppte entsprechende Gebietsmeldungen nach Brüssel. Weil Deutschland viele seiner Natura 2000-Gebiete (2.784 der 4.606 Gebiete) trotz Ablauf der Frist im Jahr 2010 nicht unter Schutz gestellt hatte, leitete die EU-Kommission 2015 schließlich ein Vertragsverletzungsverfahren ein. Das Gericht hat heute festgestellt, dass für 737 Gebiete noch keine Erhaltungsmaßnahmen festgelegt wurden, 88 Gebiete sind nicht einmal rechtlich gesichert und haben keine konkreten Ziele. Im Verlauf des Verfahrens haben viele Bundesländer jedoch erheblich nachgebessert, so dass die heutige Situation sich bereits besser darstellt – jedoch klar nur aufgrund der Klage der EU-Kommission. Die bayerischen FFH-Gebiete sind durch eine Sammelverordnung ohne konkrete, gebietsspezifische Ge- und Verbote ausgewiesen worden. Verbindliche Vorgaben zum Erreichen konkreter Erhaltungsziele in den bayerischen Schutzgebieten fehlen nach wie vor. Für jedes Gebiet müssen die Fragen beantwortet werden: „Wer macht was? Bis wann? Und wie soll das erreicht werden?“

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© Ralph Sturm

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