Der bayerische Weg: Bäuerlich, solidarisch, ökologisch, tiergerecht und klimafreundlich!

Forderungspapier des Agrarbündnis Bayern zur Landtagswahl 2023

Ein breites Bündnis aus Bauern-, Imker-, Umwelt-, Tierschutzverbänden und Verbraucherschaft fordert das Ende einer Agrarpolitik des Wachsens oder Weichens und den Umbau zu einer klimafreundlichen, solidarischen, ökologischeren und tiergerechten Landwirtschaft. Für die nächste Regierungsperiode in Bayern fordert das Bündnis von der zukünftigen Staatsregierung, sich auf allen Ebenen für eine Agrarpolitik einzusetzen, die den Interessen und Notwendigkeiten der Bäuerinnen und Bauern, der von ihnen gehaltenen Tiere und den Umwelt-, Natur- und Klimaschutzzielen gerecht wird. 

Norbert Schäffer, LBV-Vorsitzender hält eine Rede auf der Kundgebung des Agrarbündnisses. | © Matthias Luy © Matthias Luy
Norbert Schäffer, LBV-Vorsitzender hält eine Rede auf der Kundgebung des Agrarbündnisses.

Mit einem verstärkten Maßnahmenpaket muss der Ausbau des Ökologischen Landbaus auf 30 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche bis 2030 vorangebracht werden. Weitere Forderungen des Agrarbündnis Bayern sind die Sicherung eines gentechnikanbaufreien Bayerns sowie messbare und bilanzierbare Fortschritte beim Umbau der Tierhaltung und der Reduktion der chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmittel in der Landwirtschaft. Bäuerinnen und Bauern müssen Instrumente in die Hand gegeben werden, mit denen sie kostendeckende Erzeugerpreise realisieren und Betriebsaufgaben vermeiden können.

Rahmensetzung der Politik essentiell

„Das Agrarbündnis in Bayern fordert die konsequente Umsetzung eines bayerischen Weges in der Landwirtschaft, der den Strukturen von Natur und Landwirtschaft in Bayern gerecht wird “, so BN-Vorsitzender Richard Mergner. „Die auf bäuerlichen Betrieben beruhende bayerische Landwirtschaft hat gute Voraussetzungen für die Umsetzung einer solidarischen, ökologischen und klimafreundlichen Landbewirtschaftung. Dafür braucht es die richtigen Rahmensetzungen von der Politik. Ein wichtiger Faktor ist dabei eine größere Unabhängigkeit von globalen Stoffströmen. In den letzten Jahren hat sich gezeigt wie fragil solche globalen Stoffströme sind. Für eine stabile Selbstversorgung muss sich Bayern davon befreien. Futtermittelimporte aus Südamerika zerstören den Regenwald, schaffen soziale Ungleichheit und fordern nicht zuletzt sehr fragwürdige Anbaumethoden mit gentechnisch veränderten Pflanzen und hohem Pestizideinsatz. Wir fordern die Staatsregierung daher auf, ihr Bekenntnis für ein gentechnikfreies Bayern zu erneuern, damit die EU-Kommission an der Revision der Freisetzungsrichtlinie gehindert wird. Beim Mercosur Abkommen dürfen keine Öffnungsklauseln gesetzt werden, die der bayerischen Landwirtschaft schaden. Dass die bayerische Staatsregierung Impulse setzen kann, zeigt das Förderprogramm BayProTier. Doch müssen solche Programme dann auch durch das Verbot von industriellen Tierhaltungsanlagen und drastischen Verbesserungen bei Tiertransporten und an Schlachthöfen flankiert werden. Und das natürlich für alle Tierarten.“

Gute Selbstversorgung in Bayern ist wichtig

„Die bäuerlichen Betriebe in Bayern sind das Fundament des ländlichen Raums in Bayern“, betont Isabella Hirsch, Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (ABL) in Bayern „Damit ein lebendiger ländlicher Raum erhalten bleibt, müssen alle Kräfte in der Agrarpolitik dafür gebündelt werden, dass wir nicht weitere landwirtschaftliche Betriebe in Bayern verlieren. Das hat auch existenzielle Bedeutung für Bayern, denn wenn die Selbstversorgung und Unabhängigkeit von globalen Stoffströmen in der Landwirtschaft und Lebensmittelversorgung angestrebt werden, dann müssen die bäuerlichen Betriebe in Bayern mit Taten und nicht nur mit Worten unterstützt werden. Dazu gehören die Umgestaltung der Agrarpolitik hin zu kleinstrukturierten Betrieben mit einer echten Honorierung von Leistungen für Tier-, Umwelt-, Natur- und Klimaschutz und das Ende der Flächenförderung mit der Gießkanne.“

Manfred Gilch Vorsitzender des Bunds deutscher Milchviehhalter (BDM) in Bayern fordert: „Damit bäuerliche Betriebe wirklich eine Chance haben, brauchen die Bäuerinnen und Bauern endlich die Möglichkeit für Branchenorganisationen, die in der Hand von Erzeugerinnen und Erzeugern liegen. Diese geben ihnen die Möglichkeit in die Hand, die Produktionsmengen dem Bedarf anzupassen, um kostendeckende Erzeugerpreise zu realisieren und drohende Betriebsaufgaben vermeiden zu können. Damit sorgen wir dafür dass IN der Landwirtschaft und nicht AN der Landwirtschaft verdient wird, und dass die bayerische Landwirtschaft in den Händen von vielen Bäuerinnen und Bauern bleibt.“

„Damit in Bayern eine gute Selbstversorgung keine Illusion bleibt, sondern Realität werden kann, liegt auch in der Verantwortung der Verbraucher*innen“, so Jesuitenpater Jörg Alt von den Transformateuren, „denn nach wie vor werden ein Drittel aller produzierten Lebensmittel weggeworfen. Hier braucht es viel entschiedenere politische Rahmensetzungen um das zu vermeiden. Darüber hinaus ist jeder aufgefordert, sein eigenes Verhalten beim Konsum zu hinterfragen. Jede und jeder kann etwas tun, jede Hand hilft. Das können die Verbraucher*innen von der bäuerlichen Landwirtschaft lernen.“

Naturverträgliche Landwirtschaft essentiell für Bayerns Biodiversität

Menschen vom Agrarbündnis Bayern stehen mit Plakaten auf der Straße. | © Martin von Creytz © Martin von Creytz
Wir fordern gemeinsam mit anderen Verbänden eine naturverträgliche Gestaltung für Bayerns Landwirtschaft.

„Vom Artensterben ist nicht nur der weit entfernte Eisbär betroffen, sondern auch Kiebitz, Feldlerche und Uferschnepfe direkt vor unserer Haustür“, so Dr. Norbert Schäffer, Vorsitzender des LBV (Landesbund für Vogel- und Naturschutz). „Artenvielfalt und Biodiversität in Bayern müssen für eine nachhaltige Zukunft gestärkt werden. Daher muss der mit dem Volksbegehren Artenvielfalt – ‚Rettet die Bienen!‘ vom Landtag beschlossene Biotopverbund im Offenland auf 15 Prozent der Landesfläche endlich umgesetzt werden. Landwirtinnen und Landwirte sind dabei entscheidende Partner und sollen für ihre Leistungen auch entsprechend honoriert werden. Ein Wirtschaften, das die Biodiversität und damit die Sicherung unserer Lebensgrundlagen langfristig fördert, muss in der Landwirtschaft in Bayern weiter ausgebaut werden.“

Beatrix Fuchs von Greenpeace führt weiter aus: „Der Rückgang der Biodiversität und Artenvielfalt hängt auch direkt mit dem Einsatz von Pestiziden zusammen. Die EU strebt eine deutliche Pestizidreduktion bis 2030 an und Bayern hat sich zum Ziel gesetzt bis 2028 den Pestizideinsatz zu halbieren. Das sind begrüßenswerte Ziele, doch in Bayern fehlen bisher valide Daten zum Pestizideinsatz und Verbrauch. Ohne diese Daten kann kein Status Quo und kein Monitoring zur Reduktion stattfinden. So bleiben Zielsetzung und Wege zur Zielsetzung eine Fahrt im Pestizid-Nebel. Die Staatsregierung ist hier verpflichtet, umgehend in die Datenerhebung und Bereitstellung zu gehen. Das gilt auch für die Festlegung der Reduktionsziele nach eingesetzter Wirkstoffmenge in Abhängigkeit der Schädlichkeit der Wirkstoffe. Die Staatsregierung muss hier sofort handeln!“

„Der ökologische Landbau ist das Leitbild für eine Transformation der Landwirtschaft hin zu einer ökologischen und klimafreundlichen Landwirtschaft“, so Thomas Lang, erster Vorsitzender der Landesvereinigung für den ökologischen Landbau in Bayern e.V. (LVÖ), „daher müssen die Ausbauziele zu 30% Ökolandbau in Bayern bis 2030 viel energischer verfolgt werden. Gerade wegen seines Prinzips der Kreislaufwirtschaft trägt der Ökolandbau überproportional zu einer unabhängigen Selbstversorgung bei. Die Staatsregierung hat den Hebel für mehr Nachfrage nach Bio-Lebensmitteln in der Hand: In allen öffentlichen Kantinen und bei öffentlichen Veranstaltungen müssen mindestens 50% Bioprodukte idealerweise aus Bayern angeboten werden. Wir brauchen jetzt deutliche Signale."

Kathrin Schröder von Misereor Bayern weist darauf hin, „dass die Verantwortung der Staatsregierung nicht an den Landesgrenzen endet. Das Recht auf Nahrung muss durch eine gesunde, nachhaltige Ernährung bei uns wie auch im Globalen Süden umgesetzt und der dramatische Klimawandel gestoppt werden. Zum Schutz von Menschen und Umwelt weltweit muss die Staatsregierung sich auf Bundes- und Landesebene für ein Exportverbot für Pestizide und Pestizidwirkstoffe einsetzen, die aufgrund ihrer gesundheits- oder umweltschädlichen Wirkung in der EU nicht genehmigt sind.“

Stefan Barbarino von der „Stiftung Mensch und Tier Neubiberg“ fordert, „dass endlich die bereits vorhandenen amtlichen Daten der bayerischen Tierkörperbeseitigungsanlagen und Schlachthöfe in einer bayernweiten Tiergesundheitsdatenbank zusammengeführt und den staatlichen Veterinären zur Verfügung gestellt werden, um künftig Tierschutzverstöße, wie sie in der Vergangenheit immer wieder vorgekommen sind, rascher abstellen zu können. Ministerin Kaniber muss ihrer Ankündigung, für Ende 2021 eine solche Datenbank einzuführen schleunigst nachkommen.“

Haupt- und Nebenerwerbsimker sollten endlich angemessen für die durch die Honigbiene erbrachte Bestäubungsleistung honoriert werden“, fordert Annette Seehaus-Arnold, Präsidentin des Deutschen Berufs- und Erwerbsimker Bundes (DBIB). „Honigbienen leisten auch außerhalb der Bestäubungsleistung im Nahrungspflanzenanbau einen wichtigen Beitrag zur Förderung der Biodiversität. Der aktuelle Trend, Imkern den Zugang zu bisher genutzten Standplätzen zu untersagen, ist besorgniserregend und muss ein Ende haben.“

Industrielle Tierhaltungsanlagen sind nicht mehr zeitgemäß und dürfen weder den Tieren noch den um sie herum lebenden Menschen oder der Umwelt länger zugemutet werden”, erklärt Patrick Müller, für die PROVIEH-Regionalgruppe München. „Die tierschutzwidrigen Lebendtierexporte in Drittstaaten finden auch aus Bayern weiterhin statt, auch wenn sie hier theoretisch per Erlass verboten wurden. Dagegen braucht es dringend den Einsatz der bayerischen Staatsregierung für ein nationales Verbot und bessere Kontrollen! Anstatt an einem fehlerhaften System festzuhalten, das Tiere ausbeutet und tierschutzwidrig verweilen lässt, braucht es endlich eine tierschutzgerechte "Nutztierhaltung": Tiere brauchen Platz, Auslauf und Beschäftigung.“

Dem Bündnis gehören an:

  • Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft e.V.
  • Bundesverband Deutscher Milchviehhalter e.V.
  • BUND Naturschutz in Bayern e.V.
  • Deutscher Berufs- und Erwerbs Imker Bund e.V.
  • Deutscher Tierschutzbund, Landesverband Bayern
  • Imkernetzwerk Bayern
  • Stiftung Mensch und Tier, Neubiberg
  • Greenpeace München
  • LBV Landesbund für Vogel- und Naturschutz in Bayern e.V.
  • Landesvereinigung für den ökologischen Landbau in Bayern e.V.
  • Misereor Bayern
  • NaturFreunde Landesverband Bayern e.V.
  • PROVIEH e.V.
  • Slow Food, Convivien München und Fünfseenland
  • Tagwerk Förderverein e.V.
  • Verband Bayerischer Bienenzüchter e.V.
  • Verein zum Schutz der Bergwelt e.V.

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© Markus Bosch

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