Hochwasser in Bayern
Umdenken beim Hochwasserschutz ist nötig
Die vergangen und häufigen Hochwasser in Bayern zeigen erneut, dass die Folgen der Klimakrise zu ernsthaften Bedrohungen für die Menschen im Freistaat geworden sind. Doch technische Hochwasserschutz (Deichen, Mauern, Talsperren, Fluttpolder oder Staustufen) alleine ist jedoch nicht zukunftsweisend, um die Bevölkerung besser zu schützen. Wir müssen umgehend unser Engagement gegen die Klimakatastrophe deutlich intensivieren, denn sie ist schließlich die Ursache für die Häufung von derartigen Hochwassertragödien.
Dafür brauchen wir auch einen anderen Umgang mit Wasser, durch den wir die Wahrscheinlichkeit für Hochwasserereignisse reduzieren können. Bayerns Bürgerinnen und Bürger sollen nicht alle zehn Jahre ein so genanntes Jahrhunderthochwasser erleiden müssen.
Naturnahe Auen bestehen aus einer Vielzahl verschiedener Lebensräume, dienen im Rahmen des regionalen und überregionalen Biotopverbundes als Ausbreitungskorridore und stellen als Retentionsräume eine wichtige Voraussetzung für den ökologisch orientierten Hochwasserschutz dar. Ziel des LBV ist die Erhaltung, Entwicklung oder Wiederherstellung dieser Funktionen durch die Realisierung eines ökologischen Hochwasserschutzes.
Hochwasserschutz durch Renaturierung von Mooren und Fließgewässern
Effektiver Hochwasserschutz muss an den Oberläufen der Flüsse und Bäche beginnen. Aus diesem Grund fordert der LBV schon seit Jahren eine Renaturierung von Mooren oder auch kleinen Fließgewässern. Auch die Gewässerrandstreifen, die im Rahmen des Volksbegehrens Artenschutz – „Rettet die Bienen!“ verbindlich gemacht wurden, helfen dabei. Jeder Kubikmeter Wasser, der ein bisschen langsamer abfließt, und jede Tonne Erde, die in den Feldern bleibt und nicht als Schlamm aus Maisäckern in den Flüssen landet, hilft. Dieser natürliche Hochwasserschutz fördert zudem auch die biologische Vielfalt und ist eine effektive Maßnahme gegen die zunehmende Trockenheit.
Es braucht ab sofort einen grundsätzlich anderen Umgang mit Wasser. So muss das Wasser mit vielfältigen Maßnahmen in der Fläche gehalten werden. Zum einen, damit es zu einer Grundwasserneubildung kommt, zum anderen, um die Hochwasserspitzen bei Starkregenereignissen zu kappen. Wir müssen das Thema Wasser überall mitdenken. Bei jeder Hofeinfahrt müssen wir überlegen, ob die tatsächlich gepflastert werden muss oder ob wir sie so lassen, dass dort bei Starkregen auch mal 30 Liter Regen versickern können. Das muss sich wie ein roter Faden durch alle Maßnahmen durchziehen.
Auen brauchen regelmäßige Hochwasser
Das Ökosystem Flussaue ist als Einheit zu betrachten und zeichnet sich durch eine ausgeprägte hydrologische, morphologische und biologische Dynamik aus. Die Auen und ihre Biozönosen benötigen die regelmäßig wiederkehrenden Hochwässer für den Erhalt ihrer Artenzusammensetzung. Die Lebensgemeinschaften in der Aue sind an den Wechsel von Niedrig- und Hochwasser angepasst.
Von den einst ausgedehnten Flussauen ist in Deutschland nur noch ein kleiner Teil übrig geblieben. An fast allen Strömen wurden die Auen durch Begradigung, Kanalisierung, Regulierung, Staustufenbau sowie Eindeichung von den Flüssen getrennt und stehen somit nicht mehr als Überflutungsraum zur Verfügung.
Bedeutung von Uferrandstreifen - Schutz vor Hochwasser und gut für die Artenvielfalt
In Anbetracht der verheerenden Hochwasserschäden in jüngster Vergangenheit weisen wir zusammen mit dem Landesfischereiverband Bayern auf den besonderen Stellenwert von Gewässerrandstreifen hin.
Nachdem in Zukunft immer häufiger Starkregenereignisse erwartet werden, muss dringend die derzeitige Landnutzung kritisch hinterfragt werden. Gerade aus Maisfeldern in Talauen und insbesondere an Hängen ohne Randstreifen für den Wasser- und Stoffrückhalt fließt das Wasser besonders schnell ab und wird besonders viel Oberboden ausgeschwemmt. Die im Jahr 2016 schwer betroffene niederbayerische Region Rottal-Inn gehört dabei zu den Landkreisen mit dem intensivsten Silomaisanbau in Bayern.
Gewässerrandstreifen tragen dazu bei, dass der Regen weniger Erde aus den Feldern schwemmt und haben auch noch einen positiven Einfluss auf die Wasserqualität.
Uferrandstreifen können zu Minderung der Hochwasserspitzen führen
Bis zur Festlegung der verbindlichen Gewässerrandstreifen durch das erfolgreiche Volksbegehren Artenvielfalt 2019 wurden Flächen in Bayern soweit wie möglich bewirtschaftet, also bis an die Uferkanten heran - mit fatalen Folgen. Uferrandstreifen können besonders an kleinen Fließgewässern zu einer Minderung der Hochwasserspitzen führen. Neben einer Verringerung der Fließgeschwindigkeit und der Schwächung von Erosionskräften hält eine natürliche Ufervegetation auch Feinmaterial, welches von landwirtschaftlichen Flächen abgeschwemmt wird, zurück. Die Pflanzenstängel kann man sich wie einen Kamm vorstellen.
Wie notwendig das in den Hochwassergebieten ist, zeigt eine Untersuchung der bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) zum Bodenabtrag in Abhängigkeit von der Maisanbaufläche, der zufolge diese Bodenabtragsraten vielerorts zu hoch sind. Für einige Landkreise errechnen sich mittlere Werte im Bereich von jährlich 6 bis knapp acht Tonnen pro Hektar. Um zu verhindern, dass Bodenabschwemmungen Schäden an Bodenfruchtbarkeit, Gewässern und öffentlichen oder privaten Gütern verursachen, seien weitere Verbesserungen nötig.
Nicht nur für den Hochwasserschutz haben Randstreifen ausreichender Breite und standorttypischer Vegetation eine wichtige Funktion. Sind die Flächen im Gewässerumfeld intensiver landwirtschaftlicher Nutzung ausgesetzt und ist kein Randstreifen vorhanden, kommt es nach Starkregenereignissen und damit großen oberflächlich abfließenden Wassermengen zum Eintrag von feinem Material. Dieses Material wird in der fließenden Welle mitgeführt und findet sich später in Kellern und auf den Straßen.
Weiterhin führt der Eintrag von Feinmaterial aus dem Oberboden in die Gewässer dazu, dass die Gewässersohle verschlammt und somit der Lebensraum für viele spezifisch angepasste Gewässerorganismen verloren geht. Zum Beispiel Forellen benötigen für Ihre Fortpflanzung einen sauberen Kiesgrund, da sie ihre Eier in Gruben im Kies ablegen. Sind die Zwischenräume zwischen den Kieseln verstopft, wird den Eiern nicht ausreichend Sauerstoff zugeführt, und sie können sich nicht entwickeln.