Pestizide in der Landwirtschaft

Neonikotinoide und Glyphosat haben gravierende Auswirkungen

Der Absatz von Pestiziden hat sich in Deutschland von rund 35.000 t Wirkstoff jährlich in den Jahren 1995 bis 2005 auf 44.000 t in 2013 erhöht. Ein Ende dieser Entwicklung ist derzeit nicht in Sicht. Zu den gravierenden negativen Auswirkungen sowohl von Glyphosat als auch zur Stoffgruppe der Neonikotinoide gibt es in der internationalen wissenschaftlichen Literatur eine erdrückende Beweislast.

Biene auf Sommerflieder | © Hans Schaffelhofer © Hans Schaffelhofer
Gerade die für Natur und Mensch wichtigen Bienen sind massiv von den Pestiziden bedroht.

Den genannten Stoffen ist gemeinsam, dass sie breitenwirksam sind und in der Landwirtschaft umfänglich prophylaktisch eingesetzt werden. Beides steht im Widerspruch zum deutschen wie zum europäischen Pflanzenschutzrecht und hat gravierende Auswirkungen auf die biologische Vielfalt. Der ungebremste und zunehmende Einsatz von Insektiziden führt zu einem Rückgang nicht nur vieler Insektenarten, sondern auch zu einem massiven Rückgang der Gesamtinsektenbiomasse. Dadurch wird insektenfressenden Vogelarten und Fledermäusen die Nahrungsgrundlage entzogen, der Fortpflanzungserfolg bedroht und letztlich deren Bestand gefährdet.

Neonikotinoide: Tausend mal giftiger als DDT!

Taubenschwänzchen im Flug | © Hans Schaffelhofer © Hans Schaffelhofer
Taubenschwänzchen

Neonikotinoide schädigen hauptsächlich Blütenbestäuber und damit die Ernte vieler Obst- und Kulturpflanzen. Geringere Obsternten bedeuten erhebliche ökonomische Verluste und Reduktion von Ökosystemleistungen. Neonikotinoide sind zudem rund tausendmal giftiger als DDT! Die neurotoxische Wirkung auf Bienen ist mehrfach nachgewiesen – die Tiere verhungern schlichtweg durch Desorientierung.

Aber auch andere Insekten sind betroffen, so dass davon auszugehen ist, dass der dramatische Rückgang der Insektenbiomasse um 70 bis 80% seit Ende der 1980er Jahre wesentlich durch die Ausbringung von Pestiziden im Zusammenhang mit großflächigen Landnutzungsintensivierungen verursacht wurde.

Die vielfältige Bedeutung der Imkerei wird auch von Seiten der Politik gewürdigt, z. B. mit einem Preis für Nachwuchsarbeit im Bereich Imkerei. Wir brauchen auch in Zukunft gut ausgebildete und motivierte Imker, die die herausragenden ökologischen Leistungen der Bienen für unser Land langfristig sichern. Gerade deshalb muss das Anwendungsverbot für Neonikotinoide dauerhaft verlängert werden.

Glyphosat: Monsanto verheimlicht krebserregende Wirkung

Grasfrosch | © Dr. Eberhard Pfeuffer © Dr. Eberhard Pfeuffer
Amphibien wurden nicht berücksichtigt

Der Wirkstoff Glyphosat tötet durch seine biochemische Wirkung alle blatttragenden Pflanzen ab. Damit werden für Pflanzenfresser in den Landökosystemen die Nahrungsressourcen zerstört. In der Evolution entstandene Nahrungsketten werden unterbrochen und letztlich kommt es zu einem Artensterben und Biodiversitätsverlust. Nach neuesten Veröffentlichungen der WHO steht Glyphosat ferner im Verdacht, krebserregend zu sein. Wir verweisen auf eine aktuelle Veröffentlichung amerikanischer Wissenschaftler, die bisher unter Verschluss gehaltene Daten von Monsanto aus den 1970er und 80er Jahren ausgewertet haben. Offenbar wusste Monsanto seit 40 Jahren um die krebserzeugende Wirkung von Glyphosat und hat Studien mit signifikanten Hinweisen auf Tumore verfälscht.

Ein wesentlicher Grund für die unterschätzten Risiken von Pestiziden für die biologische Vielfalt sind die bisher ausgesprochen schwachen Zulassungsverfahren auf EU-Ebene. So werden ganze Artengruppen wie Amphibien bei der Risikobeurteilung gar nicht berücksichtigt. Noch weniger bekannt sind die Auswirkungen von Pestizidcocktails auf die Lebensgemeinschaften und auf die durch sie getragenen ökosystemaren Leistungen.

Forderungen des LBV an EU

Schafstelze im Rapsfeld | © Ferdinand Baer © Ferdinand Baer
Schafstelze im Rapsfeld. Gerade auf Raps wird Glyphosat verwendet

Für einige Pestizid-Wirkstoffe stehen derzeit in Europa wichtige Entscheidungen an: Die Verlängerung der Zulassung des Totalherbizids Glyphosat und die Prüfung des zweijährigen Anwendungsverbotes der Neonikotinoide Clothianidin, Imidacloprid und Thiamethoxam. Inzwischen hat der Umweltausschuss des Europäischen Parlaments die geplante Verlängerung der Zulassung von Glyphosat abgelehnt und eine unabhängige Überprüfung über mögliche krebserregende Eigenschaften von Glyphosat gefordert.

Der LBV macht sich daher für folgende Forderungen stark:

  1. eine Abkehr von dem gegenwärtigen, umfänglichen Einsatz von Pestiziden aktiv voranzutreiben und den integrierten Pflanzenschutz (§ 3 PflSchG) kulturspezifisch zu konkretisieren und zu stärken
  2. sich für eine dauerhafte Verlängerung des bestehenden Anwendungsverbots der drei Neonikotinoide Clothianidin, Imidacloprid und Thiamethoxam einzusetzen und perspektivisch sämtliche Neonikotinoide zu verbieten
  3. eine unabhängige Überprüfung über mögliche krebserregende Eigenschaften von Glyphosat durchzuführen
  4. die Anwendungsbestimmungen für Glyphosat deutlich zu verschärfen, indem sämtliche Propyhlaxe-Maßnahmen wie Vorerntebehandlung oder routinemäßige Stoppelbehandlung zur Unkrautbekämpfung verboten werden
  5. Ein echtes Pestizidreduktionsprogramm aufzulegen und wirkungsvoll umzusetzen mit dem Ziel, bis zum Jahr 2020 die Aufwandmenge chemisch-synthetischer Pflanzenschutzmittel sowie deren Umweltrisiko zu halbieren
  6. Bei allen zukünftigen Zulassungen von Pestiziden neben den direkten auch die indirekten Wirkungen auf die terrestrische und aquatische Umwelt in die Prüfkriterien und Risikobewertungen aufzunehmen
  7. mehr Mittel für Forschung, Beratung sowie Anreize für den Einsatz von nicht-chemischen Pflanzenschutzmitteln und mehr Mittel für die Förderung des ökologischen Landbaus bereitzustellen
  8. den Einsatz von Pestiziden in staatlichen Betrieben und Liegenschaften (auch in den Pachtverträgen) zu unterbinden sowie
  9. den Verkauf von Glyphosat und anderen besonders gefährlichen Pestiziden an Privatpersonen im Baumarktbereich und im Internet unverzüglich zu verbieten.

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