10-Punkte für sauberes Wasser, Gewässerschutz & Insektenvielfalt
Gemeinsames Handlungsfeld für Naturschutz- und Umweltverbände in Bayern
Bayerns Bäche, Flüsse und Seen werden nach wie vor durch Bodenerosion von landwirtschaftlich genutzten Flächen, sowie viel zu hohe Nährstoff- und Pestizideinträge geschädigt. Auch Bayerns Grundwasser ist durch zu hohe Stickstoffeinträge belastet und durch Pestizideinträge bedroht.
Die agrarpolitischen Weichenstellungen haben dazu geführt, dass der natürliche Artenreichtum bei Tieren und Pflanzen auf landwirtschaftlich genutzten Flächen und in der Kulturlandschaft massiv zurückgegangen ist, Stichwort Insektensterben. In gleichem Maße, doch weniger sichtbar ist die Artenvielfalt in den Bächen und Flüssen mit ihren Auen geschwunden.
Die Bewahrung der Biodiversität zu Wasser und zu Land ist nur möglich, wenn die Landwirtschaft ihren Beitrag zum Schutz von Boden, Wasser, Klima und Biodiversität leistet.
Sofortprogramm erforderlich
Die Weichen müssen jetzt gestellt werden, es darf keine Zeit mehr verloren werden. Als Sofortprogramm fordern die Verbände von der kommenden bayerischen Staatsregierung:
1. Reduktion der Nährstoffeinträge der Landwirtschaft
Die Einträge an Stickstoff und Phosphor aus dem Ackerbau müssen wesentlich reduziert werden. Leider wird die Düngeverordnung, trotz kleiner Verbesserungen, diesem Ziel nicht gerecht. Die Verbände fordern daher:
- Die Möglichkeiten der Düngeverordnung müssen besser genutzt werden: In Gebieten, in denen Oberflächengewässer und Grundwasserkörper bereits durch Überdüngung beeinträchtigt sind (die sog. „Roten Gebiete“), muss Bayern strengere Maßnahmen erlassen, als bislang vorgesehen.
- Um die Düngeverordnung weiter nachzubessern, fordern die Unterzeichnerverbände von der bayerischen Staatsregierung einen Vorstoß auf Bundesebene. Nachzubessern ist z. B. die Einführung der Stoffstrombilanz für alle Betriebe ab 2018 und die Absenkung der Stickstoffbedarfszahlen für die Nährstoff-
bilanzierung. - Nachweisverfahren und Kontrollen am Feld sind erforderlich, um bei Überdüngung reagieren zu können.
- Trinkwasserschutzgebiete sind in Bayern zu erweitern.
- Abgaben auf mineralische Stickstoff- und Phosphatdüngemittel müssen als wirksamstes Mittel eingeführt werden, um die Düngeranwendung zu vermindern. Die Einnahmen sollen der Landwirtschaft für Agrarumweltmaßnahmen wieder zufließen.
2. Pestizidreduktionsprogramm
Mit einem Pestizidreduktionsprogramm muss Bayern im Bereich Beratung und Forschung die Anwendung von Herbiziden schrittweise bis 2025 beenden.
Es muss eine Planung vorgelegt werden, wie bienen- und wassergefährdende Insektizide und Fungizide reduziert und verboten werden können. Insbesondere Herbizide haben massiv zur Verringerung des Nahrungsangebots von Insekten beigetragen.
Eine Minderung des Einsatzes von Pestiziden kann durch die Einführung einer risikoausgerichteten Abgabe erreicht werden.
3. Bodenrückhalt auf den landwirtschaftlich genutzten Flächen
Es muss zur guten fachlichen Praxis der Landwirtschaft gehören, die Wasseraufnahme und Wasserspeicherung der Böden zu verbessern. Hier ist ein Schwerpunkt der landwirtschaftlichen Aus- und Fortbildung wie auch der Beratung zu setzen. Es müssen dauerhaft Strukturen gegeben sein, die das abfließende Wasser bremsen und zurückhalten und die Sedimentation von Bodenteilchen im abfließenden Wasser verbessern.
Dies können Grünstreifen, Hecken, Ranken, grüne Abflussmulden und anderes mehr sein. Soweit hier freiwillige Maßnahmen nicht ausreichen, sind Maßnahmen nach den Flurbereinigungs-, Bodenschutz- und Wassergesetzen anzuordnen.
Schädliche Bodenveränderungen durch Erosion sind landesweit amtlich zu kartieren und flächenscharf zu dokumentieren.
4. Gewässerrandstreifen
Ökologisch funktionsfähige Gewässerrandstreifen in ausreichender Breite von beidseitig mindestens fünf bis zehn Metern, gestaffelt nach Gewässerbreite, sind in Bayern verbindlich einzuhalten.
Die Vorgabe der Düngeverordnung zur Einhaltung eines Gewässerrandstreifens von 4 Metern in Abhängigkeit der Hangneigung ist unzureichend.
Fünf Meter breite Grünstreifen an allen Gräben und Gullys sind festzulegen, da über diese die größten Boden- und Phosphat-Einträge in die Gewässer gelangen.
5. Überschwemmungsgebiete
In regelmäßig überfluteten Gebieten (Flächen, die bei einem fünfjährlichen Hochwasser überflutet sind) und in Gebieten mit hohen Grundwasserständen (z. B. Mooren) ist auf Ackernutzung zu verzichten. Ein Umbruch von Grünland in Ackerland ist generell zu untersagen.
Die Verbände fordern darüber hinaus ein eigenständiges bayerisches Grünlandsicherungsgesetz. Es soll das für den Klimaschutz, für den Hochwasserrückhalt und für den Artenschutz wichtige Dauergrünland unabhängig von der Agrarförderung der EU sicher und dauerhaft schützen.
6. Fließgewässerrenaturierungen
Zur Bewahrung des Naturhaushalts der Gewässer und zur Sicherung der Arten- und Lebensraumvielfalt sind an den Fließgewässern verstärkt Renaturierungen durchzuführen. Damit ist eine Reaktivierung der Auen zu verbinden.
Die Landwirtschaft muss ihren Beitrag dazu leisten. Die Bereitstellung von Fläche und eine angepasste Nutzung sind hier notwendig, der Staat muss durch entsprechende Förderung Anreize schaffen.
Nur so wird eine Umsetzung von Wasserrahmenrichtlinie (WRRL), Gewässerentwicklungsplänen, Biodiversitätsstrategien und die Einhaltung von Natura 2000 Vorgaben möglich sein
7. EU Agrarreform
Eine struktur- und artenreiche Landwirtschaft ist schwerpunktmäßig zu fördern. In der kommenden Förderperiode muss es gelingen, dass Zahlungen an klar messbare Leistungen für Umwelt- und Tierschutz, insbesondere auch für den Wasser- und Gewässerschutz und die Förderung der Biodiversität, gekoppelt werden.
Eine Kürzung von Fördergeldern in diesem Bereich ist nicht hinnehmbar
8. Ökologischen Landbau fördern
Der Ökologische Landbau ist aufgrund seiner Nachhaltigkeit für den Wasserhaushalt, für den Bodenschutz und die Biodiversität vorteilhaft. Die verstärkte Förderung des Ökologischen Landbaus liegt sehr im Interesse des Gewässer- und Grundwasserschutzes wie auch des Bodenschutzes und muss deswegen durch die bayerische Staatsregierung mit einem Maßnahmenplan zur Ausweitung des Ökolandbaus bis 2030 auf 30 % weiter vorangebracht werden.
Wie beim konventionellen Landbau gilt es auch hier bodenkonservierende Anbauverfahren bei Reihenkulturen einzubinden
9. Wasserberatung ausbauen
Eine verstärkte Anwendung des Verursacherprinzips erfordert besseres Wissen bei Landwirten, Kommunen und sonstigen Nutzern um mögliche Schäden und vor allem um gewässerschonende und biodiversitätsfördernde Bewirtschaftungsmethoden.
Hierfür muss die Wasser- und Bodenschutzberatung weit mehr als bisher ein Schwerpunkt der staatlichen Beratung werden. Die Anzahl der Wasserberater ist zu erhöhen.
10. Insektensterben stoppen
Nicht nur an Land, auch in Gewässern hat der Rückgang von Insekten dramatische Folgen.
Libellen, Stein-, Köcher- oder Eintagsfliegen leben zunächst als Larven jahrelang im Wasser. Sie sind wichtige Nährtiere für Fische und Amphibien.
Bricht die Basis der Nahrungskette weg, werden komplexe Nahrungskreisläufe von Tierarten, die im und am Wasser leben, nachhaltig gestört.
Die Ursachen sind vielfältig. Zudem sind intakte Gewässer und Auen auch für die Insektenvielfalt am Land, wie z.B. für Wildbienen von hoher Bedeutung