Tiere als politischer Spielball

Management und Recht statt Polemik

Wenn Menschen bestimmte Tierarten ablehnen oder bekämpfen wollen, dann selten aus Angst um die eigene Unversehrtheit. Meist befürchten sie vielmehr wirtschaftliche Verluste oder sehen in den Tieren eine Konkurrenz um selbst beanspruchte natürliche Ressourcen, wie zum Beispiel Wild oder Fische. Regelmäßig angepasste und praxiserprobte Management-Pläne sowie der offene Austausch zwischen allen Beteiligten könnten solche Konflikte lösen helfen. Und auch die Politik muss sachlich bleiben.

Ein Graureiher steht circa 10 Zentimeter im Wasser und scheint nach vorn zu laufen | © Frank Derer/LBV Bildarchiv © Frank Derer/LBV Bildarchiv
Graureiher - oft Feindbild von Anglern und Anglerinnen und Teichwirten und Teichwirtinnen

Größte Konflikte um fischfressende Arten

Noch vor wenigen Jahren wurden Anträge auf Abschuss von Greifvögeln gestellt und bewilligt, weil sie angeblich die Bestände von Hasen und Rebhühnern schädigten. Solche Genehmigungen werden mittlerweile zum Glück nicht mehr beantragt, aber leider gibt es immer noch Zeitgenossen, die mit Giftködern und Flinte vermeintlichen Nahrungskonkurrenten nachstellen. Diese Fälle dokumentieren wir im Rahmen unseres Projekts Tatort Natur.

Die größten Konflikte um das Management von Arten haben in den letzten Jahrzehnten diejenigen ausgelöst, die sich überwiegend von Fischen ernähren. In den 1980er Jahren wurde erbittert um eine Verordnung zum Graureiher gekämpft, die sogar gerichtlich überprüft wurde. Mittlerweile werden in Bayern – übrigens als einzigem Bundesland – jährlich ca. 6.000 Graureiher in einem Zeitraum von Mitte September bis Ende Oktober legal geschossen.

Einer vom LBV im Auftrag des Landesamts für Umwelt (LfU) in den Jahren 2020/21 koordinierten landesweiten Erhebung zufolge, beläuft sich der aktuelle Graureiherbestand in Bayern auf 1.990 Brutpaare in 164 Brutkolonien. Gegenüber der letzten Erhebung 2008 sind die Bestände um 2,5 Prozent zurückgegangen, gegenüber der ersten 1995 sogar um ca. ein Viertel. Dies müsste eigentlich Änderungen im Management zur Folge haben, um den Erhaltungszustand der Art nicht weiter zu verschlechtern. Darüber hinaus wäre Bayern durch die europäische Vogelschutzrichtlinie auch dazu verpflichtet.

Gute regionale und zeitliche Koordination statt Massenabschuss

Kormoran mit ausgebreiteten Flügeln | © Heinz Tuschl © Heinz Tuschl
Gezielte strategische Ansätze führen in der Teichwirtschaft zu weniger Verlusten durch den Kormoran.

Der Konflikt um den Graureiher wurde seit Anfang der 1990er Jahre durch den um den Kormoran ersetzt, der eine unerwartete Bestandserholung und Erweiterung seines Verbreitungsgebiets erlebte. Mittlerweile ist er in ganz Europa verbreitet und weist einen günstigen Erhaltungszustand auf. Seit 2001 werden pro Jahr regulär jeweils von August bis März zwischen 6.000 und 8.000 Kormorane in Bayern abgeschossen.

Durch die vom LBV koordinierten Schlafplatzzählungen wissen wir, dass dies allerdings keinen Einfluss auf die jährlichen Zahlen der durchschnittlich bei uns anwesenden Kormorane hat. Freiwerdende Plätze werden durch Zuzügler rasch wieder besetzt. Vielfach wird dabei seitens der Fischerei immer noch auf den Massenabschuss gesetzt.

Die Umsetzung durchdachter strategischer Ansätze hat gezeigt, dass durch gute regionale und zeitliche Koordination mit weniger Abschüssen nachhaltigere Erfolge, z.B. in Bezug auf die Fischverluste in Teichwirtschaften, erzielt werden können.

Jagd alleine löst die Probleme nicht

Gerade in Teichgebieten muss auch noch ein anderer Aspekt berücksichtigt werden: Viele dieser Flächen haben sich zu wichtigen Schutzgebieten entwickelt, die auch störungssensible Tierarten beherbergen. Durch das Management des Kormorans dürfen keine Kollateralschäden an diesen Arten entstehen.

Deshalb dürfen Maßnahmen, die im Sinne des Schutzgebiets als Eingriffe zu bewerten wären, erst nach fundierter naturschutzfachlicher Bewertung und mit ökologischen Begleituntersuchungen durchgeführt werden.

So etwas ist vorbildlich im mittelfränkischen Aischgrund gelungen. Trotz der zeitlich und räumlich strikt festgelegten Vergrämung von nicht brütenden jungen Kormoranen während der Brutzeit, haben sich die Bestände der Zielarten des Schutzgebiets nicht verschlechtert. Die Verluste der Karpfenteichwirte sind signifikant zurückgegangen – eine echte Win-Win-Lösung.

Management ist viel mehr als reine "Entnahme" von Tieren

Graugans im Flug | © Herbert Henderkes © Herbert Henderkes
Bei Graugänsen erfüllt die jagdliche Lenkung zu Duldungsflächen eine wichtige Funktion beim Management der Bestände.

Insbesondere beim Management des Kormorans wie auch bei Gänsen hat sich erwiesen: Die Jagd allein kann die Probleme nicht lösen und muss deshalb bei einigen Arten vor allem in lenkender und weniger in reduzierender Funktion erfolgen.

Wenn die Tiere überall mit Vergrämungsabschüssen rechnen müssen, werden sie wesentlich scheuer, verteilen sich stärker in der Fläche und verursachen möglicherweise dadurch größere Schäden als zuvor. Sie lernen sehr schnell, wo ihnen Gefahr droht.

Somit erscheint es nur sinnvoll, regional festzulegen, wo zur Verringerung oder Verhinderung von Schäden gezielt vergrämt und wo die Präsenz der Tiere geduldet wird.

Hier zeigt sich auch, dass das Management viel mehr ist als das reine, oftmals mit „Entnahme“ umschriebene Töten von Tieren. Es umfasst Monitoring, Flächenmanagement, Beratung, Entwicklung von Präventionsmaßnahmen, gegebenenfalls Entschädigung und in letzter Konsequenz auch die Entnahme von Tieren.

Erst einmal sollte geklärt werden, warum ein Problem entsteht. Wo und wann gibt es Schäden oder Konflikte? Wie wurden diese erhoben? Auf dieser Basis können dann sachgerechte Lösungen erarbeitet werden. Leider wird vielfach viel zu schnell aus einem Bauchgefühl heraus gefordert und entschieden, anstatt sich auf Basis von methodisch sauber erfassten Fakten mit nachhaltigen Lösungen zu befassen.

Als ein Schlüssel zum Erfolg eines zielgerichteten Artenmanagements hat sich eine fachkundige Betreuung der betroffenen Arten erwiesen. Diese kann durch speziell eingesetzte Personen oder durch spezifisch geschulte, regional tätige Behörden- und Verbandsvertretende erfolgen.

Newsletter

Der LBV - Landesbund für Vogel- und Naturschutz in Bayern e.V.  ist mit Freistellungsbescheid des Zentral-Finanzamtes Nürnberg, Steuer-Nr. 241/109/70060, als gemeinnützigen Zwecken dienend anerkannt und gem. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG von der Körperschaftssteuer freigestellt. Ihre Spende ist steuerlich absetzbar. Mehr zur Transparenz