Insektensterben
Nicht verwunderlich und ein Spiegelbild unseres Umgangs mit der Natur
Insektensterben – kaum ein Wort hat die Diskussion im Natur- und Artenschutz in den vergangenen Monaten so sehr dominiert wie dieser Begriff. Eine Gruppe Insektenforscher in Krefeld hat in einer Langzeitstudie Fluginsekten und deren Biomasse erfasst. An den Ergebnissen besteht kein Zweifel: Die Gesamtbiomasse von Fluginsekten hat in den vergangenen 27 Jahren um rund drei Viertel abgenommen. Kaum eine Zeitung und kaum ein Fernseh- oder Radiosender, die nicht prominent über das Insektensterben berichtet haben. Aber ist die Entwicklung wirklich neu?
Seit Jahrzehnten erfassen bundesweit viele tausend Ehrenamtliche mit großer Sachkenntnis und beeindruckendem Engagement regelmäßig unsere Vogelwelt. Immer und immer wieder haben wir auf den Zusammenbruch des Bestandes beispielsweise unserer Feldvögel hingewiesen: In 40 Jahren ein Verlust von rund der Hälfte, beim Kiebitz sogar über 80 Prozent und beim Rebhuhn über 90 Prozent.
Vögel, ist ebenso wie der Rückgang der Insekten ein hervorragender Anzeiger für den Zustand unserer Umwelt, unserer Biologischen Vielfalt, für das Leben um uns herum. Doch wo bitte schön sollen die Tiere in unserer Agrarlandschaft überleben? Ein Großteil der Felder wird mit hochwirksamen Pestiziden und mit Mineraldünger behandelt, Grünland wird fünfmal oder sogar noch öfter gemäht, mit Gülle gedüngt, das Mahdgut und alle Kleintiere werden regelrecht abgesaugt und die kümmerlichen Reste von Brachestreifen werden während der Blütezeit gemulcht. Wann haben Sie Ihren letzten Schwalbenschwanz gesehen oder das letzte Mal eine Feldgrille gehört? Diese Arten brauchen für ihre Entwicklung das ganze Jahr hindurch Lebensraum.
Nur Reform der jetzigen Agrarpolitik kann Niedergang der Artenvielfalt stoppen
Das Insektensterben oder auch der Rückgang unserer Feldvögel ist kein punktuelles Problem, dem mit einem Artenhilfsprogramm entgegengewirkt werden kann. Der Zusammenbruch der Biologischen Vielfalt um uns herum, insbesondere in unserer Agrarlandschaft, ist vielmehr Spiegelbild unseres Umgangs mit der Natur insgesamt. Dabei muss ganz klar gesagt werden: Verantwortlich sind nicht Bäuerinnen und Bauern, vor allem nicht die bäuerlichen Familienbetriebe, von denen wir in Bayern Gott sei Dank noch relativ viele haben.
Verantwortlich sind diejenigen, die die landwirtschaftlichen Rahmenbedingungen so gestalten, dass vielen Landwirten gar nichts anderes übrig bleibt, als zu vergrößern und zu intensivieren. Die Zukunft der Insekten und Feldvögel für den Zeitraum nach 2020 entscheidet sich in den nächsten Monaten in Brüssel. Nur eine echte Reform der jetzigen Agrarpolitik kann den weiteren Niedergang der Artenvielfalt stoppen. Dies war auch Thema einer gemeinsamen Veranstaltung von Bayerischem Jagdverband (BJV), Landesfischereiverband (LFV) und LBV in der Bayerischen Vertretung in Brüssel.