Ständige Störungen durch Freizeitsuchende an der Isar

Grandiose Wildflusslandschaft unter Druck

Einzigartig schön schlängelt sich die Isar aus dem Karwendel. Vorbei an Ortschaften fließt sie durch das Alpenvorland, die Landeshauptstadt München und weiter durchs Untere Isartal bis zur Donau. Doch dieses Idyll hat durch Freizeitdruck und Flussbau stark gelitten. Der LBV setzt sich seit Jahrzehnten für den Erhalt letzter Rückzugsgebiete und für eine bessere Besucherlenkung ein.

Isar | © M. Lohmann © M. Lohmann
Wildflusslandschaft der Oberen Isar

Einzigartig an der Isar sind auch die Lebensräume, Tiere und Pflanzen. Im Oberlauf findet sich das bedeutendste Vorkommen der Tamariske nördlich der Alpen. Die letzten Bestände der Gefleckten Schnarrschrecke und der kleinen Türks Dornschrecke in Deutschland bevölkern die Isar-Kiesflächen südlich von Vorderriss. An keinem anderen Fluss in Bayern gibt es mehr Brutpaare des vom Aussterben bedrohten Flussuferläufers. Flussregenpfeifer brüten hier ebenfalls und ziehen ihre Jungen auf vegetationsfreien Kiesflächen auf.

Der Fluss ist mehr als eine Party-Arena

Boote am Isarufer | © Gabriele Grimmeis © Gabriele Grimmeis
Touren oder Partys finden auf der Isar statt. Menschen, Lärm und Müll belasten das wertvolle Fluss-Ökosystem.

Und genau dort, wo es heute noch geeignete Brut- und Lebensräume für diese Kiesspezialisten gibt, braten allzu oft Menschen in der Sonne und Würstchen auf dem Grill. An warmen Wochenenden kommen sie zu Tausenden aus München und dem Umland: egal, ob Kiesbankbrutzler, Bootfahrer, Gaudiflößer, Wanderer, Mountainbiker, Gassigeher oder sonstiger Naturliebhaber – alle wollen an, aufs oder ins Wasser.

Und genau diesen Besucherdruck der Freizeitsuchenden bekommen die natürlichen Isarbewohner immer deutlicher zu spüren. 

Die Störungen sind vielfältig und die folgenden Beispiele somit nur exemplarisch: Menschen ohne und mit freilaufenden Hunden betreten abgesperrte Brutbereiche und vertreiben brütende Vögel vom Gelege. Ausufernde Partys hinterlassen Scherben und Müll.

Flößereibetriebe baggern immer wieder während Brut- und Laichzeiten Floßrinnen aus und verändern das natürliche Abflussgeschehen. Hunderte Flöße transportieren pro Jahr zehntausende Gäste mit Musik aus Lautsprechern, Bier und Gegröle flussabwärts. Bootsfahrer mit meist völlig ungeeigneten Gummi-Badebooten verabreden sich zu Hunderten über soziale Netzwerke zu Isar-Events mit Fun und Action mitten in der Brutzeit.

Möglichst einsame Inseln dienen als Picknickoder Rastplätze. Rafting-Firmen bieten trotz Verbots der wirtschaftlichen Nutzung lukrative Touren – oft Junggesellenabschieds-Partys – in Naturschutzgebieten an. Viele Isargäste wissen dabei gar nicht, dass sie dem Fluss mit ihrem Besuch schaden und dass dieser viel mehr ist als eine Freizeit- und Party-Arena!

Was also tun?

"Wenn ich gewusst hätte, dass da Vögel brüten, wäre ich dort nicht ausgestiegen!"

Vier graue mit schwarzen Flecken gesprenkelte Eier liegen gut getarnt auf einem Kiesbett | © Marcus Bosch © Marcus Bosch
Die Kiesflächen sind Lebensraum und Brutplatz vieler Vögel. Die Eier der Kiesbrüter sind gut getarnt und können leicht übersehen werden, hier die Eier des Flussregenpfeifers

Um Flussuferläufer und Co. an der Isar bestmöglich zu schützen, ist der LBV dort seit Jahrzehnten im Einsatz. Die beiden LBV-Gebietsbetreuer Birgit Weis und Michael Schödl kümmern sich um das Wohl des Flusses zwischen Mittenwald und Icking. Sie bieten Führungen an, beraten Behörden und setzen Naturschutz-Maßnahmen um.

Als Isar-Ansprechpartner im Hotspot-Projekt „Alpenflusslandschaften“ konnte Fabian Unger in den letzten drei Jahren dank einer Förderung durch das Bundesprogramm Biologische Vielfalt mit zahlreichen Infoständen am Fluss mehr als 5.000 Isar-Besucher über naturverträgliches Verhalten aufklären und typische Arten vorstellen.

Die Reaktionen der Besucher darauf waren überwiegend positiv und dankbar: „Was, der Vogel brütet nicht im Baum – ist der verrückt?“ oder „Wenn ich gewusst hätte, dass da Vögel brüten, wäre ich dort nicht ausgestiegen!“ waren häufig gehörte Sätze. Das Projekt wird vom Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit gefördert.

Um die Besucherlenkung an den Wildflüssen weiter zu verbessern, hat der LBV 2018 zusammen mit den Naturparks Karwendel und Tiroler Lech sowie dem Landratsamt Bad Tölz-Wolfratshausen das grenzüberschreitende INTERREG-Projekt „Leben am Wildfluss“ gestartet.

Es zielt auf einheitliche Qualitätsstandards für Besucherlenkung und Monitoring ab sowie die Finanzierung zusätzlicher Fluss-Ranger, damit der Druck nicht irgendwann zu groß wird. Die Maßnahmen und Beispiele aus dem EU-INTERREG-Projekt werden in eine Broschüre zusammengefasst.

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