Flussregenpfeifer | © Frank Derer © Frank Derer

Bayerns Seltenste: Arten der Trockenlebensräume

Schutzprojekt für Tiere und Pflanzen der Trockenlebensräume zwischen Lech und Isar

Trockenlebensräume sind für viele hochspezialisierte Arten essenziell. Doch die wertvollen Lebensräume schwinden zunehmend. Um dieser Entwicklung entgegenzutreten, haben wir im Juni 2023 das auf sechs Jahre angelegte Projekt „Bayerns Seltenste: Arten der Trockenlebensräume“ gestartet. Mit dem Projekt möchten wir im Gebiet zwischen Lech und Isar südlich von München wertvolle Trockenlebensräume schützen, verbessern und verbinden. So sollen Bedingungen entstehen, die es den seltenen Arten dort ermöglichen, auch zukünftig zu überleben.

Wertvoller Trockenlebensraum am Rißbach in Oberbayern

Leben im Extremen

In Tälern der alpinen Flüsse, wo der Wasserstand und die Temperaturen naturgemäß stark schwanken, fühlen sich vom Aussterben bedrohten Arten wie die Gefleckte Schnarrschrecke, der Kiesbank-Grashüpfer, der Flussregenpfeifer oder die Deutsche Tamariske, ein seltener Rispelstrauch, wohl.

Mal ist es staubtrocken, dann wieder steht das Wasser meterhoch. Wo diese Dynamik verloren gegangen ist, haben Spezialisten wie die Gefleckte Schnarrschrecke und Co. keine Überlebenschance. Durch die Eingriffe in den Gewässer- und Geschiebehaushalt vieler Fließgewässer – zum Beispiel durch den Bau von Wehren, Deichen oder Dämmen für die Wasserkraftnutzung – sind ihre Lebensräume besorgniserregend geschrumpft.

An vielen Stellen sind die ohnehin seltenen Arten sogar bereits verschwunden.

Über das Projekt

Das Projekt „Bayerns Seltenste: Arten der Trockenlebensräume“ wird der LBV vom 1.6.2023 bis zum 31.5.2029 durchführen. Neben Maßnahmen zur Verbesserung und Förderung der Erhaltungszustände von Trockenlebensräumen werden lebensraumtypische Arten wie die Gefleckte Schnarrschrecke, der Kiesbank-Grashüpfer, die Deutsche Tamariske und der Flussregenpfeifer gezielt gefördert.

Spezialisten der Trockenlebensräume und stark gefährdet: Gefleckte Schnarrschrecke, der Kiesbankgrashüpfer und der Flussregenpfeifer

Projektziele

  • Verbesserung der Erhaltungszustände von Flussregenpfeifer, Gefleckter Schnarrschrecke, Kiesbank-Ggrashüpfer und Deutscher Tamariske auf 50 Flusskilometern
  • Verbesserung der Erhaltungszustände und Vergrößerung des Anteils von wildflusstypischen Trockenlebensraumflächen im Projektgebiet (Gesamtlänge 200 Flusskilometer plus einige Schuttfächer)
  • Öffentlichkeitswirksame, umsetzungsorientierte, zielgerechte Vermittlung der Bedeutung der Trockenlebensraumflächen für die Artenvielfalt
Abbaufläche als Sekundärhabitat | © Fabian Unger © Fabian Unger
Zur Bestandsstützung der Arten sind auch Ansiedlungen in Abbau- und Lagerstätten geplant

Zur Umsetzung von Maßnahmen arbeiten wir eng mit Behörden wie Wasserwirtschaftsämtern, dem bayerischen Landesamt für Umwelt, den Unteren und Höheren Naturschutzbehörden, den Bayerischen Staatsforsten sowie kommunalen Grundeigentümern zusammen.

Im Rahmen des Projekts werden die Bestände der Gefleckten Schnarrschrecke, des Kiesbank-Grashüpfers, des Flussregenpfeifers und der Deutschen Tamariske an den Alpenflüssen im Untersuchungsgebiet erfasst. Zusammen mit einer Bewertung der Erhaltungszustände ihrer Population und Lebensräume werden artspezifische Hilfsmaßnahmen im Projekt geplant, mit den Behörden abgestimmt und durchgeführt. Typische Maßnahmen sind die Redynamisierung von Gewässerabschnitten, die Entbuschung von zugewachsenen Standorten oder die Schaffung von Ausbreitungskorridoren.

Auch Wiedersiedlungen von Trockenlebensraum-Arten in Flussabschnitten, die früher besiedelt waren, werden im Projekt vorgenommen. Bei den Kartierungen werden geeignete Standorte identifiziert, die eine hohe Habitateignung für die Zielarten und gleichzeitig ein geringes Risiko eines erneuten Auslöschens der wiederangesiedelten Population aufweisen. Dann werden Individuen (Heuschrecken) oder Samen (Deutsche Tamariske) aus größeren Populationen entnommen und auf den als geeignet bewerteten Standorten ausgebracht. Im Falle der Tamariske werden aus den Samen zuvor noch Jungpflanzen gezogen.

Abseits der Trockenlebensräume an Flüssen finden ebenfalls Projektmaßnahmen statt. Brutvorkommen des Flussregenpfeifers werden in Rohstoffgewinnungs-, und Lagerstätten, sogenannten Sekundärlebensräumen, erhoben. Ziel ist es, die Bruten und Jungvögel in Kooperation mit den Betreiberfirmen bestmöglich zu schützen, ohne den Betrieb einzustellen. 2024 wurde in 25 Abbaustellen im Projektgebiet nach Bruten des Flussregenpfeifers gesucht. Nur in fünf der untersuchten wurden Flussregenpfeifer festgestellt, in zwei davon konnten Bruten nachgewiesen werden. In einer aktiven Abbaustelle wurde konnten dank der vertrauensvollen Zusammenarbeit mit dem Betrieb das Gelege und die Jungvögel geschützt werden, während der Betrieb weiterlief.

 

Es wird auch geprüft, inwieweit Ansiedlungen von Projektzielarten in Rohstoffgewinnungsstätten zur Bestandsstützung beitragen können.

Maßnahmen im Detail

  • Einrichtung einer Projektbegleitenden Arbeitsgruppe zum regelmäßigen Austausch mit Fördermittelgebern, Behörden und Stakeholdern
  • Maßnahmenbezogene Zusammenarbeit mit Flächeneigentümern, Bewirtschaftern sowie Organisationen
  • Austausch zu Projektergebnissen mit anderen Akteursgruppen im Projektgebiet und Deutschland (Akteursgruppen/Stakeholder)
  • Zusammenarbeit mit der TU München (Dr. Thomas Wagner) zur Identifizierung geeigneter Wiederansiedlungsflächen für die Deutsche Tamariske und von Redynamisierungsstandorten
  • Durchführung konkreter Erhaltungs- und Ausweitungs-/Verbindungsmaßnahmen für primäre und sekundäre (Abbau-/Lagerplätze) Trockenlebensräume
  • Öffentlichkeitsarbeit - Schaffung von Grundlagen für die Nachhaltigkeit des Vorhabens

Erste Ergebnisse (Stand April 2025)

Freilassen von Kiesbank-Grashüpfern | © Fabian Unger © Fabian Unger
Freilassen von Kiesbank-Grashüpfern in einem geeigneten Lebensraum im Mühltal an der Isar (Juni 2024)
  • Erfassung von Trockenlebensräumen und deren Erhaltungszuständen im Projektgebiet
  • Etablierung eines regelmäßigen Monitorings der Zielarten Kiesbank-Grashüpfer, Gefleckte Schnarrschrecke und Deutsche Tamariske an ausgewählten Flussabschnitten im Projektgebiet
  • Durchführung von Wiederansiedlungsmaßnahmen für den Kiesbank-Grashüpfer: Isar (Ascholdinger Au und Mühltal): zwei Standorte (2024)
  • Lebensraumverbessernde Maßnahmen (u. a. Verbesserung des Erhaltungszustands, Schaffung von Trittsteinen, Verbindung von Trockenlebensraumkorridoren, Vergrößerung bestehender Trockenlebensräume an Flüssen
    • Isar:
      • Mühltal: eine Fläche, ca. 4.400 m²
      • Pupplinger Au: fünf Flächen, ca. 7.400 m²
      • Lenggries: zwei Flächen, ca. 15.400 m²
      • Südlich von Mittenwald: drei Flächen, ca. 1.000 m
    • Ammer:
      • Schnalz: drei Flächen, ca. 6.600 m²
    • Linder:
      • Zwischen Neualmgries und Graswang: vier Flächen, ca. 10.200 m²
    • Loisach:
      • bei Griesen: zwei Flächen, ca. 190 m² (Redynamisierungsmaßnahmen am Prallhang)
Entbuschung einer Kiesfläche  | © Peter Holmeier © Peter Holmeier
Entbuschung einer Kiesfläche der Isar im Mühltal mit einem Freischneider (Februar 2024)
  • Etablierung einer Beweidung zur nachhaltigen Verbesserung von Trockenlebensräumen:
    • Isar: eine Fläche in Vorbereitung, 7.500 m²
  • Monitoring von Flussregenpfeifer-Bruten in Sekundärhabitaten (Rohstoffgewinnungsstätten):
    • 25 Standorte (2024)
  • Lebensraumverbessernde Maßnahmen in Sekundärhabitaten (Ausgleichsflächen):
    • 1 Standort (2025)
  • Intensives Monitoring Flussregenpfeifer-Bruten und Beratung Abbaustellenbetreiber:
    • 1 Standort / 1 Brut (2024)
  • Öffentlichkeitsarbeit:
    • Einrichtung einer Webseite
    • Einrichtung einer Instagram-Seite: lbv_trockenlebensraeume
    • Erstellung eines Projekt-Faltblatts
    • Führungen, Vorträge, Social days und Arbeitseinsätze mit Behörden, Rangern, Schulen und Firmen
  • Aufstellung einer Projekt-Infotafel an einer Maßnahmenfläche bei Lenggries

Fördermittelgeber

Das Projekt wird im Bundesprogramm Biologische Vielfalt durch das Bundesamt für Naturschutz (BfN) mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) (mit insgesamt etwa 580.000 Euro gefördert. Weitere circa 115.000 Euro steuert der Bayerische Naturschutzfonds bei. Der LBV leistet einen Eigenanteil in Höhe von 10 Prozent.

Ansprechpartner

Ihre Fragen rund um das Projekt beantwortet Ihnen

Fabian Unger:
LBV - Landesbund für Vogel- und Naturschutz in Bayern e.V.
Regionalgeschäftsstelle Garmisch-Partenkirchen

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