Der Wolf in Bayern

Vom Wolfserwartungsland zum Wolfsland

Die Wolfspopulationen in Europa wachsen und breiten sich wieder aus. In Bayern wurde nach mehreren durchziehenden Einzelgängern am 28.7.2017 das erste Rudel im bayerischen Wald gesichtet. Damit ist Bayern nunmehr vom Wolfserwartungsland zum Wolfsland geworden. (Stand Oktober 2017).

Wolf sitzt auf einem Baumstamm im Wald | © Marcus Bosch © Marcus Bosch
Die Wolfspopulationen in Europa wachsen.

Der LBV ist Mitglied in der Steuerungsgruppe „Wildtiermanagement/ Große Beutegreifer“, die das Bayerische Umweltministerium eingerichtet hat. Hier wird der Umgang mit den großen Beutegreifern Bär, Wolf und Luchs interessensübergreifend diskutiert und abgestimmt und in Managementplänen zusammengeführt. Das bayerische Wolfsmanagement (Management-Plan zu Wölfen in Bayern als PDF-Download) berücksichtigt drei Stufen, von denen die dritte Stufe aber immer noch nicht vorliegt:

  • Stufe 1 Zu- und durchwandernde Einzeltiere
  • Stufe 2 Wenige standorttreue Tiere
  • Stufe 3 Etablierte Population mit Reproduktion

Der LBV setzt sich für ein möglichst konfliktarmes Nebeneinander von Mensch und Wolf ein.

Gemeinsam für Wolf und Nutztierhaltung

Der LBV ist fasziniert von der Ankunft der Wölfe in Bayern. Gleichzeitig verstehen wir die Bedenken der Nutztierhalter. Vorsorge ist dabei der beste Schutz. Neben elektrischen Zäunen bieten Herdenschutzhunde Sicherheit. Der LBV fordert deshalb systematische Unterstützung und Beratung für Nutztierhalter von Seiten der Staatsregierung. Zudem unterstützte der LBV einen Schäfer bei der Anschaffung von Herdenschutzhunden. Wie das in der Praxis aussehen kann, zeigt der Zeitungsartikel vom 13.08.2017 im Hilpoltsteiner Kurier.

Nur gutes Management bietet Sicherheit

Zwei Wölfe | © M. Waldhier © M. Waldhier
Professionelles Management bietet Sicherheit beim Thema Wolf.

Nachweise im Fichtelgebirge, Nürnberger Land, Truppenübungsplatz Grafenwöhr und Hohenfels sowie im Bayerischen Wald zeigen: Der Wolf kann jederzeit überall in Bayern gesichtet werden:

Nur mit einem professionellen Management vor Ort kann Bayern das in den Griff bekommen. Der LBV leistet mit Wildlandstiftung WWF und BN seinen Beitrag dazu: Mit dem Ausgleichstopf für Risse durch Luchs, Wolf und Bär, mit der Ausbildung und der Betreuung von Experten und bei Monitoring und Öffentlichkeitsarbeit im Luchsprojekt. Der Freistaat Bayern muss jetzt zügig den Managementplan Stufe 3 auf den Weg bringen. Auch die Beratung durch die Landwirtschaftsbehörden und finanzielle Unterstützung der Nutztierhalten muss organisiert und verbessert werden.

"Wir müssen lernen, mit dem Wolf zu leben - er hat gelernt, in unserer Kulturlandschaft zu leben!"

Wir sind fasziniert von der Rückkehr spektakulärer Tierarten wie Wolf, Fischotter oder Seeadler. Der vom Menschen hierzulande ausgerottete und über Jahrhunderte verteufelte Wolf lebt seit dem Jahr 2000 wieder in Deutschlands freier Wildbahn. Die inzwischen über 40 Rudel wurden nicht ausgesetzt, sondern haben auf eigenen Pfoten zurückgefunden.

Daher ist es uns ein besonderes Anliegen, Schluss mit den Mythen um den "bösen" Wolf zu machen und stattdessen aufzuklären. Im Folgenden Finden Sie eine Zusammenstellung von Fakten zum Wolf und unsere dazugehörige LBV-Positionierung.

Fragen & Antworten zum Wolf in Bayern

Funktion des Wolfs im Ökosystemen

Die Wildbestände sind in Deutschland auf einem historischen Höchststand. Sie bieten den Wölfen eine hervorragende Nahrungsgrundlage. Teile der natürlichen Funktion des Wolfes in der Natur gehörten während seiner Abwesenheit zu den Aufgaben des Jägers.

Bedenken, der Wolf mache nach seiner Rückkehr die Jagd nun überflüssig, bestätigen sich im Lausitzer Wolfsgebiet in Sachsen nicht. Allerdings konnte festgestellt werden, dass das Wild sich dynamischer verhält. Es wechselt häufiger seinen Standort als ohne Wölfe. So vermeidet es zum Beispiel, sich immer zur gleichen Zeit am selben Ort aufzuhalten. Beobachtungen in Wolfsgebieten der Lausitz zeigen seit nunmehr 15 Jahren, dass das Wechselspiel Beute (Wild) und Jäger (Wolf) funktioniert.

Die ständig steigenden Wildschäden in Land- und Forstwirtschaft zeigen, dass die Mithilfe des Wolfes bei einer Bestandsregulierung des Schalenwilds dringend benötigt wird. Er sollte von den Jägern nicht als Konkurrent empfunden werden. Da der Wolf von Natur aus eine seltene und sich selbst regulierende Tierart ist, besteht kein Bedarf, seine Bestände durch Bejagung zu begrenzen.

Der Wolf ist eine streng geschützte Tierart

Deutschland hat sich durch die Umsetzung der europäischen Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-RL) verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass die Wölfe langfristig einen lebensfähigen Bestand mit günstigem Erhaltungszustand aufbauen können.

Wölfe sind darüber hinaus im gesamten Bundesgebiet durch das Bundesnaturschutzgesetz (§ 44 BNatschG) streng geschützt. Bei Verstößen wird per Anzeige die zuständige Staatsanwaltschaft tätig. Strafen mit bis zu fünf Jahren Freiheitsentzug oder hohe Geldbußen sind möglich. Wölfe besitzen damit den höchstmöglichen Schutzstatus.

Bei der Jagd auf wildernde Hunde ist auszuschließen, dass es sich um einen Wolf handelt. Aufgrund der immer häufigeren Wolfssichtungen, auch bei uns in Bayern, darf bei wolfsähnlichen Hunderassen wie z.B. Deutscher  Schäferhund, Husky oder Tschechischer Wolfshund nur geschossen werden, wenn sich der Jäger zu hundert Prozent sicher ist, was für ein Tier er vor sich hat.

Illegale Nachstellungen sind scharf zu verurteilen

Von 2004 bis Anfang 2016 wurden bundesweit 15 illegale Wolfsabschüsse festgestellt. Vier weitere Wölfe überlebten den Beschuss. Solche Straftaten beschädigen nicht nur den Ruf der Jäger, sondern können im Populationsgefüge der Wölfe verheerende Wirkungen haben. Der LBV fordert die zuständigen Ermittlungsbehörden auf, solche Straftaten konsequent und sachgerecht zu verfolgen. Dazu muss das dafür vorgesehene Personal entsprechend aus- und fortgebildet werden.

Konflikte mit Nutztierhaltern

In Abhängigkeit vom jeweiligen Lebensraum haben Wölfe einen umfangreichen Speiseplan. Mehrjährige Untersuchungen des Senckenberg Museums für Naturkunde in Görlitz haben beispielsweise ergeben, dass sich die sächsischen Wölfe bevorzugt von Rehen ernähren: Zu über fünfzig Prozent füllen sie den Speiseplan. Offensichtlich sind die in der Lausitz häufig vorkommenden Rehe leichter zu erbeuten als die großen Rothirsche. Im Sommer dagegen, wenn es viele Frischlinge bei den Wildschweinen gibt, machen diese den Hauptteil der Nahrung aus. Um einen so genauen Überblick über das Beutespektrum der Wölfe zu bekommen, sammeln und analysieren Wildbiologen und Forscher den Kot der Wölfe. Er enthält unverdauliche Teile der Beute wie Haare, Klauen und Knochenstücke.

Leider kommt es immer wieder vor, dass Schafe oder andere Nutztiere von Wölfen gerissen werden. Um Energie zu sparen, bevorzugen sie stets Nahrung, die für sie am leichtesten zu erreichen ist. Treffen sie z.B. auf ungeschützte Schafe, die leichter zu erbeuten sind als Rehe, nutzen sie gern diese Gelegenheit. Und genau hier setzen sogenannte Herdenschutzmaßnahmen an: Mit wolfssicheren Zäunen oder Herdenschutzhunden wird es für Wölfe sehr schwer und unattraktiv Schafe und andere Nutztiere zu erbeuten. In der Lausitz haben Schäfer Herdenschutzmaßnahmen erfolgreich erprobt und eingesetzt. Sie bekommen dabei finanzielle Unterstützung von der Landesregierung. In Bayern müssen im Bedarfsfall geeignete Präventionsmaßnahmen mit den Haltungsbedingungen vor Ort abgeglichen werden.

Hierzu bedarf es der pragmatischen Förderung des Herdenschutzes im bestehenden Fördersystem. Staatliche Zuschüsse sollten alle wolfsbezogenen Investitions- und Erhaltungskosten berücksichtigen, einschließlich der Arbeitskosten. Der LBV fordert das Landwirtschaftsministerium und seine Fachbehörden auf, dafür umgehend die Voraussetzungen zu schaffen.

Gleichzeitig sind aber auch die Tierhalter gefordert, die Haltungsbedingungen an die Anwesenheit des Wolfes anzupassen. Auf den Schweizer Schafalpen beispielsweise werden bereits über 200 zum Großteil unbewachte Herdenschutzhunde eingesetzt, um Schafherden in unwegsamen Gelände zu schützen. Wandergebiete, in denen Herdenschutzhunde ohne menschliche Betreuung eingesetzt werden, können auf einer online Wanderkarte vorab in Erfahrung gebracht werden. Um einen reibungslosen Besucherverkehr trotz Herdenschutzhunden zu erreichen, weisen außerdem Informationsschilder in den jeweiligen Gebieten auf das richtige menschliche Verhalten hin.

Welche Auswirkungen zuwandernde Wölfe in den bayerischen Rotwildwintergattern haben werden, ist uns noch nicht bekannt. Gemeinsam mit den Jägern fordert der LBV in seinem „Positionspapier Jagd“, die Wanderbewegungen aller Wildarten zu erhalten bzw. so zu optimieren, dass der potenziell nutzbare Lebensraum erreicht werden kann. In diesem Zusammenhang sind auch die Rotwildgebiete in Frage zu stellen und konsequenterweise aufzulösen.

Für die bayerischen Rotwildwintergatter muss unter Umständen eine andere Lösung gefunden werden. Es ist zu untersuchen, ob das System der Rotwildgebiete in Bayern bei Anwesenheit von Wolfsrudeln noch aufrechterhalten werden kann. Einzelne Wintergatter könnten probeweise geöffnet werden, um dem Rotwild die Flucht zu ermöglichen, wenn sich Wölfe im Umfeld der Fütterungen zeigen sollten. 

Zusammenarbeit ist gefordert

Es ist unbestritten, dass mögliche Konflikte vermieden werden sollen, damit Nutztierhaltern keine finanziellen Verluste entstehen. Deshalb wird die Arbeitsgruppe Große Beutegreifer mit Vertretern der Interessengruppen, u.a. Jäger, Schafhalter und Naturschützer, Lösungsvorschläge für die Umsetzung des Wolfs-Managementplans Stufe II erarbeiten. Seit vielen Jahren begleicht eine Trägergemeinschaft „Ausgleichsfonds Große Beutegreifer“, bestehend aus Wildland-Stiftung, BN, WWF und LBV mit Förderung des Bayerischen Naturschutzfonds Risse an Nutztieren und Gatterwild an die Halter. Der Wolfs-Managementplan Stufe III muss die Entschädigung für Nutzhierhalter staatlich regeln.

Wunsch nach konstruktiven Lösungen mit Naturnutzern

In Europa (Stand 2016) leben 2500 Wölfe in Spanien, 250 Wölfe in den Südalpen, 800 Wölfe in Italien, 4000 – 5000 Wölfe auf dem Balkan (bis Slowenien), 3500 Wölfe in den Karpaten, bis zu 1400 Wölfe im Baltikum, 150 Wölfe in Finnland, 300 Wölfe in Skandinavien und bei uns in Zentraleuropa ca. 400 Tiere. In all diesen Gebieten haben die Menschen und insbesondere die Tierhalter gelernt, mit den Wölfen zu leben und die Nutztiere vor Übergriffen durch Wölfe zu schützen. Dieses Wissen ist bei uns in Bayern seit der Ausrottung der Wölfe vor 150 Jahren verloren gegangen. Wir müssen und können es aber wieder lernen, wenn wir es wollen. Sollte trotzdem ein Nutztier von einem Wolf getötet werden, ist der Eigentümer angemessen finanziell zu entschädigen (s.o.). In dauerhaft vom Wolf besiedelten Gebieten ist eine Zahlung von Ausgleichsgeldern von der Umsetzung geeigneter Präventionsmaßnahmen abhängig zu machen. 

Sonderfall: Almbauern/Älpler dürfen nicht allein gelassen werden

In den Alpen erscheint es auch uns als eine besondere Herausforderung, mit dem Wolf zu leben. Umso wichtiger ist hier ein internationaler Austausch mit Nutztierhaltern in ähnlichen Landschaften, z.B. den Abruzzen in Italien oder in Graubünden (Schweiz).

Keine Lösung für alle potentiellen Konflikte

Auch wenn Wölfe grundsätzlich keine Gefahr für den Menschen darstellen, ist der Wolf ein Wildtier, und es gibt keine 100 % Garantie, dass sich jeder Wolf so verhält, wie es die Regel ist. Falls z.B. ein Tier widerrechtlich angefüttert wird, kann es zu Konflikten kommen. Dann ist es wichtig, fachgerecht zu reagieren. Im Hinblick auf die Haltung von Nutztieren oder die Wintereinstände von Rothirschen im Alpenraum müssen Lösungen für eine zu erwartende Wolfsanwesenheit noch gemeinsam erarbeitet werden. So müssen z.B. auch die Einsatzmöglichkeiten von ausgebildeten und geprüften Herdenschutzhunden sorgfältig geprüft werden, um hier keine neuen Konflikte entstehen zu lassen.

Umgang mit Problemwölfen

Auch heute noch hält sich in den Köpfen vieler Menschen das Bild vom „bösen“ Wolf. Rotkäppchen und die sieben Geißlein haben dazu sicher einen wesentlichen Teil beigetragen. Aber wer glaubt heute noch, dass der Storch die Kinder bringt? Menschen gehören nicht in das Beutespektrum von Wölfen. Ihnen gegenüber ist der Wolf eher skeptisch. Aus Vorsicht wird er versuchen, uns Menschen aus dem Weg zu gehen und sich zu entfernen.

Probleme können aber entstehen, wenn Wölfe durch Fütterung an den Menschen gewöhnt werden. Auf solche Art und Weise habituierte Einzeltiere, die gegenüber Menschen ein aggressives Verhalten zeigen, sind nach dem Wolfs-Managementplan umgehend aus der Natur zu entnehmen. Ein Fütterungsverbot mit Fleisch gilt alleine aus Gründen des Seuchenschutzes. Zuwiderhandlungen werden streng bestraft. Muss ein Tier entnommen werden, darf dies in jedem Fall nur durch einen Fachmann und nach eindeutiger Identifizierung des Individuums geschehen.

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