VOGELSCHUTZ 3-22

FOTO: ZDENEK TUNKA (2), CHRISTOPH SAILE Kaum ein Projekt zeigt den positiven Einfluss engagierter Naturschutzarbeit eindrücklicher als das Artenhilfsprogramm (AHP) Wiesenweihe. Der elegante Greifvogel mit dem gaukelnden Flugstil war Anfang der 1990er Jahre fast gänzlich aus Bayern verschwunden. Durch den Verlust des bevorzugten Lebensraumes im feuchten Dauergrünland stand die Population kurz vor dem Aussterben. Als 1994 erstmals Bruten der Wiesenweihe auf Äckern erfolgten, begannen die zunächst ehrenamtlichen Schutzbemühungen. Sie waren der Grundstein des im Jahr 2000 vom Landesamt für Umwelt (LfU) gestarteten Artenhilfsprogramms, dessen Koordination seit 2005 bei den hauptamtlichen Mitarbeitenden des LBV liegt. Unterstützt von vielen Aktiven steht seither der Schutz der Nester auf Äckern im Mittelpunkt. Wiesenweihen kehren im April aus ihrem Winterquartier in Afrika zurück und legen ihre Bodennester bevorzugt in Wintergetreide an. Durch diese Anpassung stehen ihnen zwar viele Flächen als Lebensraum zur Verfügung, sie birgt aber auch die Gefahr, dass Nest und Jungvögel unabsichtlich der Getreideernte zum Opfer fallen. Eine lückenlose Beobachtung der Flächen, bei der mitunter auch Drohnen zum Einsatz kommen, soll daher den genauen Neststandort im Acker ermitteln. In enger Abstimmung wird anschließend mit den örtlichen Landwirtinnen und Landwirten vereinbart, einen 50 mal 50 Meter großen Bereich um das Nest herum von der Ernte auszusparen. Die Ertragseinbußen werden mit Naturschutzgeldern der Höheren und Unteren Naturschutzbehörden ausgeglichen. Neben dem Nestschutz sind seit 2016 Maßnahmen zur Verbesserung des Lebensraums Teil des Projekts. Dies geschieht zum Beispiel durch die Anlage von Blüh- und Kleegrasstreifen, auf denen die Greifvögel ausreichend Feldmäuse – ihre Hauptnahrung – finden können. Der unermüdliche Einsatz zahlt sich aus: War die Wiesenweihe vor 20 Jahren in Bayern fast verschwunden, sind es heute wieder mehr als 200 Brutpaare. Sie leben vor allem in den Gäulandschaften Unter- und Mittelfrankens, wo 2004 auch ein EU-Vogelschutzgebiet zum Schutz der seltenen Vögel entstand, ferner im Nördlinger Ries und im Gäuboden bei Straubing. Die erfolgreiche Projektarbeit spiegelt sich auch in der Roten Liste der Brutvögel Bayerns wider. Dort wird die Wiesenweihe zwar immer noch als extrem seltene Art mit geografischer Restriktion (Kategorie R) geführt, aber sie gilt nicht mehr als „vom Aussterben bedroht“. Die kontinuierlich zunehmenden Bestände lassen sich vor allem auf gute Reproduktionszahlen zurückführen. Unterstützt durch die Schutzmaßnahmen sind derzeit zwei Drittel der Weihen mit ihrer Brut erfolgreich und pro Brutpaar werden mehr als zwei Jungvögel flügge – ein toller Erfolg! Die im Rahmen des Monitorings gesammelten Daten liefern außerdem detaillierte Informationen zu Gelegen, Reproduktion und Populationsdynamik, was der Grundlagenforschung zugutekommt. Im Mai beginnt der Nestbau in der weitläufigen Agrarlandschaft. Die wenige Tage alten Jungvögel betteln beim Männchen um Futter. In enger Zusammenarbeit zwischen Landwirtschaft und Naturschutz werden Maßnahmen zum Nestschutz umgesetzt. PROJEKTLEITUNG: CHRISTOPH SAILE MITARBEITERIN: LUCIA TISCHER Wiesenweihe VOGELSCHUTZ 3|22 17

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