VOGELSCHUTZ 3-22

FOTOS: FRANZISKA WENGER, GUNTHER ZIEGER, GODIMUS MICHEL - STOCK.ADOBE.COM Räuber und Beute an den wenigen verbleibenden Rückzugsorten häufiger aufeinandertreffen. Nicht nur im Ackerbau zeigt sich die Intensivierung der Landnutzung durch einen dramatischen Bestandsrückgang charakteristischer Vogelarten, sondern auch im Grünland hat sich ein radikaler Wandel vollzogen. Der Umbruch von Dauergrünland, die Entwässerung von Niederungsstandorten und Mooren sowie der Einsatz leistungsstarker Maschinen, die in kürzester Zeit großflächig ernten und das Grüngut zur Silagegewinnung abfahren, führten in den vergangenen Jahrzehnten zu einem dramatischen Bestandsverlust der grünlandabhängigen Vogelarten. Bekassine und Uferschnepfe sind in Deutschland vom Aussterben bedroht, Kiebitz und Braunkehlchen gelten als stark gefährdet und alle vier Arten sind aus der „Normallandschaft“ so gut wie verschwunden. Auf niedrigem Niveau halten sie sich zum Teil noch in aufwendig gemanagten Wiesenvogelschutzgebieten. Strukturwandel und die Folgen Gravierend wirkten sich ferner Entwässerungsmaßnahmen aus, die in den 1950er bis 1970er Jahren begannen und bis heute perfektioniert wurden. Feuchtgrünland, das man ursprünglich zur besseren Wiesennutzung entwässerte, fiel dem Strukurwandel zum Opfer und verwandelte sich in Acker. Heute gelten solche Flächen oft als „Standorte mit Beregnungsbedarf“. Diese „Wasser weg“-Politik führt bis heute aufgrund fehlender Regulierungsmöglichkeiten vielerorts zu einer Absenkung des Grundwasserspiegels und damit zur Verarmung der Grünlandstandorte. Auf entwässertem und intensiv genutztem Grünland sinkt die Nahrungsverfügbarkeit für Wiesenlimikolen und es kommt zum Verlust geeigneter Bruthabitate. In der Folge vollzogen Kiebitz und Großer Brachvogel vielerorts einen Habitatwechsel vom Grünland auf nasse Äcker. Mit fatalen Folgen: Die hochtechnisierte Bewirtschaftung und die veränderten Feldkulturen führten zu Brutverlusten und durch Vereinzelung der Bruten stieg das Prädationsrisiko erheblich. Diese Entwicklung führte großräumig zum Verlust der binnenländischen Kiebitzpopulationen. Für Fernstreckenzieher wie das Braunkehlchen, aber auch für den Ortolan, der ebenfalls strukturreiche Agrarlandschaften zur Brut nutzt, kommen auf ihrem langen Weg ins Winterquartier weitere Gefahren hinzu. An erster Stelle steht wahrscheinlich die illegale Jagd, aber auch klimatische Veränderungen können zu Veränderungen der Nahrungs- und Wasserverfügbarkeit in den Durchzugs- und Wintergebieten führen, was den Bestandsrückgang verstärkt. Der Dachverband Deutscher Avifaunisten (DDA) prognostizierte jüngst in einer Stellungnahme, dass der Klimawandel viele Arten direkt über ihre Temperaturnische und indirekt zum Beispiel durch mehr Störungen im Wald oder durch Dürreperioden treffen wird. Angesichts dieser katastrophalen Entwicklung ist die auch vom LBV geforderte erfolgsorientierte Förderpolitik im Brutgebiet der Agrararten unter Berücksichtigung der Biodiversitätskrise und des Klimawandels absolut notwendig. Nur so können wir die neu formulierten Biodiversitätsziele der EU-Biodiversitätsstrategie bis 2030 noch erreichen und unsere Feld- und Wiesenvögel retten. Für erfolgreiche Bruten brauchen Feldvögel ein vielfältiges Insektenangebot. Überjährige Brachflächen bieten wertvollen Lebensraum. V.o.n.u.: Blühfläche, Kiebitz mit Küken, Feldlerche. VOGELSCHUTZ 3|22 15 PETRA BERNARDY Diplom-Biologin, Schwerpunkt Feldvogelschutz und Gewässerentwicklung E-Mail: bernardy@bund-ldn.de

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