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Vogel des Jahres 2025 Der Hausrotschwanz VOGEL- UND NATURSCHUTZ IN BAYERN magazin Zusammen leben Umgang mit Wolf und Fischotter Vereint erforschen Eine Kindergruppe zählt Wintervögel Gemeinsam wohnen So helfen Sie gefiederten Nachbarn 1|2025

Nimm eine sinnvolle wie zukunftsweisende Tätigkeit auf und engagiere Dich in einem großartigenTeam für den Schutz unserer bayerischen Natur. NATURTALENT Werde auch Du ein Jetzt bewerben! naturtalente.bayern.de/karriere/ 241127_stmuv-hr-anzeigen.indd 3 07.01.25 15:33 Wildstauden von Altmann WILDSTAUDEN ONLINE KAUFEN.DE IM ONLINE SHOP JETZT KAUFEN D-LBV-RZ.indd 1 08.11.24 10:37 INSEKTENSCHUTZ MIT DEM WIRKSTOFF AUS EUKALYPTUS CITRIODORA Bewährter Insektenschutz seit über 30 Jahren In drei verschiedenen Stärken Geeignet für Kleinkinder und Schwangere Alkoholfreie Rezepturen NEU: ZEDAN INTENSIV für die ganze Familie Wirksamer Insektenschutz Repellents vorsichtig verwenden. Vor Gebrauch stets Kennzeichnung und Produktinformationen lesen. www.zedan.de extra starker Schutz starker Schutz normaler Schutz - Der Klassiker - gegen Mücken, Wespen, Bremsen - Tropengeeignet - für alle outdoor Aktivitäten - Intensiv - für die ganze Familie

LBV MAGAZIN 1|25 3 egal aus welcher Perspektive man den Wahlkampf beobachtet hat, es schien neben der Debatte um die Migration nur ein weiteres wichtiges Thema zu geben: die Wirtschaft. Mehr Klimaschutz? Vielen schon noch irgendwie wichtig, aber nicht wahlentscheidend. Artenschutz? Auch ganz nett, aber können wir uns gerade nicht leisten. Doch der Erhalt unserer Biodiversität hat eben auch einen ökonomischen Wert, da diese unsere Lebensgrundlagen sichert. In einer Podiumsdiskussion behauptete die Autorin Frauke Fischer kürzlich, jeder wüsste das doch, darüber müsse man als Naturschützender überhaupt nicht mehr sprechen. Tatsächlich scheint es vielen Menschen aber leider gar nicht bewusst zu sein. Das spiegelten auch die Themenschwerpunkte im Wahlkampf wieder. Wir dürfen also nicht aufgeben, fortlaufend daran zu erinnern und immer wieder zu erklären und zu betonen, dass wir uns ohne den Schutz unserer vielfältigen Tier- und Pflanzenwelt die eigenen Lebensgrundlagen entziehen. Ich bitte Sie deshalb: Informieren Sie sich darüber und sprechen Sie darüber, damit unter der kommenden Regierung die Förderung des Wirtschaftswachstums nicht ohne Rücksicht auf den Erhalt der Biodiversität stattfindet. Liebe Leserinnen und Leser, Der Wert der Natur Am 16. Januar haben wir unsere Aktivitäten auf X eingestellt, nachdem wir unsere Accounts bereits seit Mitte Oktober hatten ruhen lassen. Der Hass und die Desinformation auf diesem Netzwerk schaden dem Diskurs und bei der Findung gesellschaftlicher Lösungen. LBV verlässt X EDITORIAL Tagesaktuelle Nachrichten finden Sie unter lbv.de/newsletter lbv_bayern lbv.de VOGEL- UND NATURSCHUTZ IN BAYERN LBV magazin Viel Spaß beim Lesen! Ihr Markus Erlwein Chefredakteur

4 LBV MAGAZIN 1|25 6 Im Fokus Verwechslungsgefahr beim Rotschwanz 8 Leserbriefe 9 Kurzmeldungen 10 Standpunkt Dr. Norbert Schäffer 12 Der Hausrotschwanz Vogel des Jahres 2025 18 Reportage „Übers Nest geschaut“ Eine Kindergruppe zählt Wintervögel 22 Vögel als Nachbarn Bestimmte Arten bevorzugen unsere Nachbarschaft 24 LBV-Schutzgebiet Großspende sichert wertvolle Lebensräume 26 Spendenaktion Wir pflegen Naturparadiese Einhefter • Spenden-Überweisungsträger • Mitgliederwerbekarte 12 36 38 Alles Wissenswerte über den Vogel des Jahres 2025 INHALT Wie Sie Gebäudebrütern helfen können INHALT Dieses Druckerzeugnis ist mit dem Blauen Engel ausgezeichnet. www.blauer-engel.de/uz195 · ressourcenschonend und · umweltfreundlich hergestellt · emissionsarm gedruckt XW1 überwiegend aus Altpapier Sie lesen klimaneutral und umweltfreundlich Titelbild: Hausrotschwanz von Rosl Rössner FOTOS: NICOLE FRIEDRICH, MONIKA GRAF, MARCUS BOSCH, MARCEL FRÖHLICH, FRANZISKA BACK Mehr Informationen zur Berechnungsmethodik, zur Kompensation und dem gewählten GoldstandardKlimaschutzprojekt finden Sie unter klima-druck.de/ID. klima-druck.de ID-Nr. Druckprodukt CO₂ kompensiert 25195119 Ab März leiten die Weiden den Insektenfrühling ein Diskussion um den Schutzstatus von Wolf und Fischotter 40

LBV MAGAZIN 1|25 5 18 Kleine Naturforscher in Aktion bei der Stunde der Wintervögel 28 LBV AKTIV 34 NAJU Neues von der Naturschutzjugend 36 Garten Lebensraum Weide 38 Ratgeber Hilfe für Gebäudebrüter 40 Politik Management von Wolf und Fischotter 42 Aus dem LBV • Quellrenaturierung • 6. Bayerische Biodiversitätstage 43 Interview Gespräch mit Gerhard Koller zum 70. Geburtstag 44 Umweltbildung Achtsame Naturbeobachtung für Kinder 46 Stiftung Stifterdarlehen für den LBV 47 Test Futterhaus mit KI-Kamera 47 Aus dem LBV Ergebnisse der Stunde der Wintervögel 2025 48 Medien Empfehlungen 49 Medien und Kurzmeldung Empfehlungen und Wiesenbrüterschutz 50 Impressum und Kontakte BIO EnergieKnödel 09174-4775-7023 naturshop@lbv.de lbv-shop.de NEU - ANZEIGE - 44 Achtsam durch die Natur mit Kindern MIT KINDERN PFLANZEN ERFORSCHEN Eine Beobachtungshilfe Wie sieht die Form des Blattes aus? Eiförmig Verkehrt eiförmig Spitz eiförmig Herzförmig Rundlich / Elliptisch / Nierenförmig Länglich / Spatelförmig Nadelförmig Dreieckig / Pfeilförmig / Spießförmig / Keilförmig Kurz eingeschnitten oder eingebuchtet chen u ellen, r zuächst an der ander e Hosen- beehrfach Tief eingeschnitten oder eingebuchtet Fiederspaltig / Fiedrig gelappt Fiedschnittig Doppelt gefiedert Dreifach oder mehrfach gefiedert Paarig gefiedert Unpaarig gefiedert Dreizählig gefiedert Gefingert / Handförmig gefiedert Handförmig geteilt Hier ist Platz für eigene Notizen und Zeichnungen Gerne darfst du auch ein Blatt oder eine Blüte von deiner beobachteten Pflanze einkleben. MIT KINDERN VÖGEL ERFORSCHEN EINE BEOBACHTUNGSHILFE Hier ist Platz für eigene Notizen und Zeichnungen Welche Grundform hat das Ei/haben die Eier? oval elliptisch rund Welche Farbe hat das Ei/haben die Eier? Tipp zum Weiterforschen 1: Eier, die an dunklen Plätzen oder in Höhlen abgelegt werden, sind generell weiß, während Eier, die in Nestern im Freien bebrütet werden, oft Tarnfarben haben. Warum hat dein Ei/ haben deine gefundenen Eier ausgerechnet diese Farbe? Versuche dies zu erklären. Wo wurde/n das Ei/die Eier abgelegt? einfaches Nest kunstvoll gebautes Nest nackter Boden Welchen Standort hat(te) das Nest? Astgabel/am Dach Höhle Felsspalte Aus welchen Materialien besteht das Nest? Zweige/Halme Blätter kegelförmig/röhrenförmig Tipp zum Weiterforschen 2: Kleine Vogelarten legen verhältnismäßig große Eier und umgekehrt. Wie groß schätzt du den Vogel, der dieses Ei/diese Eier gelegt hat? im Sand/am Boden auf dem Wasser Achtung: Vögel dürfen nicht vom Nest vertrieben werden, um die Eier anzuschauen. Das kann zur Brutaufgabe führen oder Nesträubern die Möglichkeit bieten, die Eier zu fressen! MIT KINDERN VÖGEL ERFORSCHEN Diese kleine Beobachtungshilfe soll Freude am Erforschen von Vögeln wecken. Sie dient nicht dazu, Vögel zu bestimmen. Sie ist behilflich dabei, sich Fragen zu stellen, genau hinzusehen und achtsam zu sein. Im Sinne unseres partizipativen Ansatzes ist es unser Anspruch, die Fragen und Interessen der Kinder aufzugreifen. Beim Forschen, Erkunden und Entdecken wächst neben dem Interesse auch die gemeinsame Freude an der Natur. Kinder und Erwachsene lernen dabei miteinander auf gemeinsamen Erkundungstouren. Diese Beobachtungshilfe ist so klein, dass sie in die Hosen- oder Jackentasche passt. Sie ist aus nachhaltigem, beschichtetem Papier hergestellt, so dass sie sich mehrfach mit einem Kreidestift beschreiben lässt. www.lbv.de/umweltbildung/fuer-kindertageseinrichtungen napfförmig flach Papier/Plastik Tierhaare kleine Steine Falls du ein Nest oder Eier gefunden hast, kannst du dir folgende Fragen stellen: Falls du eine Vogelfeder gefunden hast, kannst du dir folgende Fragen stellen: Hinweis: Einzelne Vogelfedern, die du findest, kannst du bedenkenlos anfassen. Haufen von Federn solltest du eher meiden, da die Federn meist von der letzten Mahlzeit eines Greifvogels stammen. Zu welcher Federgruppe gehört deine gefundene/beobachtete Feder? Welche Farbe(n) hat deine Feder: Ist es eine Kontur- oder eine Daunenfeder? geordnet (Konturfedern) flauschig (Daunenfedern) Tipp zum Weiterforschen 1: Der Grundaufbau einer Vogelfeder besteht aus der Fahne (Innenfahne und Außenfahne), die aus vielen winzigen Federästen besteht, und dem Kiel, der aus dem Schaft und der Spule besteht. Kannst du diese Bestandteile an der gefundenen Feder erkennen? Tipp zum Weiterforschen 2: Jeder Vogel hat unterschiedliche Gefiederteile. Kannst du erkennen, von welchem Teil des Gefieders (Armschwingen, Handschwingen, Steuerfedern, …) deine Feder stammt? Welche Form hat das Nest? quergestreift längsgestreift mit Punkten ohne Zeichnung Herausgeber: Landesbund für Vogel- und Naturschutz in Bayern e.V. (LBV) Grafik: Gunther Rissmann Fotos: T. Tschapka, O. Broders, M. Glaessel ACHTSAME NATUR- BEOBACHTUNG MIT KINDERN EINE EINFÜHRUNG Raum dazwischen gestalten. Bei sehr kleinen Kindern ist es hilfreich, den Kreis in kleine Segmente zu unterteilen, wie z.B. bei einem Kuchen. Das gibt ihnen Orientierung. Klein wie eine Schnecke Die Kinder legen sich mit dem Bauch auf den Boden. Das kann auf einer Wiese, im Wald, im Garten oder im Park sein. Nun stellen sie sich vor eine Schnecke zu sein. Neugierig schauen sie sich um. Was krabbelt denn da? Wie viele Tiere/Insekten kann man entdecken? Welche sind es? Welche Pflanzen wachsen denn da? Wie groß sieht ein Fuß aus, wenn ich so groß bin wie eine Schnecke? Wie schnell komme ich als Schnecke voran? Wenn die Kinder zusätzlich noch eine Becherlupe oder einen Trichter zum besseren Hören und Sehen an die Hand bekommen, wird das Schneckenerlebnis noch intensiver. Achtsam essen Jedes Kind bekommt mit geschlossenen Augen eine Rosine oder eine Trockenpflaume in die Hand. Zunächst befühlen sie die noch fremde Frucht mit den Fingern. Dafür können sie sich viel Zeit nehmen. Zwischendurch können die Kinder ihre Beobachtungen immer wieder in Worte fassen. Dann halten sie die Trockenfrucht ans Ohr und lauschen. Welches Geräusch hören sie beim Zusammendrücken? Dann geht es weiter mit der Nase. Welche Düfte strömen aus der Frucht? Erst jetzt legt jedes Kind die Frucht auf die Zunge. Weiterführende Literatur Waldbaden mit Kindern - Achtsamkeit in der Natur. Regina Bestle-Körfer. Herder Verlag 2020 Raus in den Wald - 30 Übungen und Spiele zum Waldbaden mit Kindern. Bezdek & Co., Don Bosco 2023 https://www.entdeckerlab.de/blog/waldbaden-achtsamkeitstraining-kinder Bestellung Wenn Sie diese Beobachtungshilfen in Ihren Kinder- und Jugendgruppen, privat als Familie oder beruflich mit einer jüngeren Zielgruppe einsetzen möchten, können Sie diese online im LBV-Shop erwerben. Mit Kindern Pflanzen erforschen Mit Kindern Vögel erforschen Mit Kindern Insekten erforschen Bei Fragen steht Ihnen das Team des LBV Kindergartens sowie das Referat Umweltbildung/Bildung für nachhaltige Entwicklung des LBV gerne zur Verfügung. Wir freuen uns zudem über Rückmeldungen zum Einsatz der Leporellos. Kontaktieren Sie uns gerne unter: fruehebildung@lbv.de Impressum Herausgeber: Landesbund für Vogel- und Naturschutz in Bayern e. V. (LBV) Landesgeschäftsstelle, Eisvogelweg 1, 91161 Hilpoltstein, Tel. 09174-47750, Fax 09174-4775-7075 Kontakt: Referat Umweltbildung/BNE des LBV fruehebildung@lbv.de, LBV Kindergarten arche noah kiga@lbv.de Text: Alexandra Lindig, Julia Stark Lektorat: Marie Radicke Redaktion: Magdalena Buckreus, Alexandra Lindig Layout/Grafik: Gunther Rissmann Fotos: T. Tschpaka, E. Pfeuffer, O. Broders, M. Bosch Illustrationen: Harieth Roth Wie fühlt sich die Frucht im Mund an? Welche Form hat sie? Was passiert im Mund? etc. Erst ganz zum Schluss kommt das langsame, lange Kauen. Was für ein Geschmackserlebnis! Diese Übung kann immer wieder mit unterschiedlichen Lebensmitteln durchgeführt werden. In Dankbarkeit sein Ein schönes Ritual, das in den Alltag einfließen kann, ist ein Dankbarkeitsritual. Ein besonderer Stein oder eine besondere Kerze begleiten symbolisch die Dankbarkeitsrunde. Zunächst dürfen die Kinder in Stille überlegen, wofür sie heute, diese Woche … dankbar sind. Was hat sie glücklich gemacht? Wann haben sie Freude empfunden? Ein paar Beispiele helfen den Kindern, wenn das Ritual neu eingeführt wird. Danach darf jedes Kind von seinen eigenen besonderen Momenten erzählen. Dann verdoppelt sich die Freude! Wenn sie ein Dankbarkeitsglas gestalten und für jeden Moment der Dankbarkeit z.B. einen Stein in das Glas legen, können die Kinder sehen, wie viele schöne Momente sie erlebt haben. Taschenspiegel Rahmenloser Spiegel für ungewohnte Perspektiven. Ecken und Kanten sorgfältig abgerundet. 10,5 x 7,5 cm Best.-Nr. 220 960 01 | Preis 1,99 € Greifsäckchen Aus luftdurchlässigem Baumwollstoff mit Zugband. Ideal für Tastspiele oder auch als Aufbewahrungssäckchen für allerlei kleine Dinge. Ca. 18,5 x 18 cm, mit Zugkordel. Best.-Nr. 220 860 06 | Preis 2,50 € Sammelsäckchen Zum Umhängen. So bleiben beide Hände zum Sammeln frei. Auch schön als Geschenk zum Mitnehmen für die Teilnehmer einer Führung. Aus Baumwollstoff. Ca. 19 x 24 cm zzgl. Trageband. Best.-Nr. 220 860 07 | Preis 2,50 € Augenbinden Augen zu und die Sinne neu erleben! Vielfältige Möglichkeiten zu Kooperationsspielen und geschärfter Sinneswahrnehmung bieten unsere Augenbinden aus unbehandeltem Baumwollstoff. Für Kinder und Erwachsene geeignet. Best.-Nr. 220 860 08 | Preis 3,50 € Unsere Augenbinden, Sammel- und Greifsäckchen werden nach Öko-Tex®-Standard 100 in einer integrativen Werkstatt in Deutschland hergestellt. Lieferung ohne Deko. 09174-4775-7023 naturshop@lbv.de lbv-shop.de Spielend die Natur entdecken Der LBV ist Träger des Qualitätssiegels Umweltbildung Bayern. www.lbv.de/umweltbildung/fuer-kindertageseinrichtungen MIT KINDERN INSEKTEN ERFORSCHEN EINE BEOBACHTUNGSHILFE Hier ist Platz für eigene Notizen und Zeichnungen Panzer Insekten besitzen eine Schutzhülle, die als Außenskelett oder Exoskelett bezeichnet wird. Hier kannst du diese Schutzhülle aufmalen. Tipp: Sie schaut genauso aus wie der Körper: Tipp zum Weiterforschen 1: Insekten verwandeln sich im Laufe ihres Lebens mehrmals (= Metamorphose). Zuerst schlüpfen sie aus Eiern, dann werden sie zu Larven und schließlich zu dem Insekt, das du gerade beobachtest. Da der starre Hauptpanzer kein Wachstum zulässt, müssen sich die Insekten regelmäßig häuten, bis sie ausgewachsen sind. Ist dein Insekt noch eine Larve oder bereits ausgewachsen? Tipp zum Weiterforschen 2: Welche Rolle spielt dein beobachtetes Insekt für die Natur? Erzähle jemandem von deinen Ideen und Vermutungen. Exkursion zu weiteren wirbellosen Tieren Vielleicht hast du ein Tierchen entdeckt, das mehr oder weniger als 6 Beine hat? Dann ist es wahrscheinlich ein anderes wirbelloses Tier. Zu welcher Wirbellosengruppe könnte es gehören? Diese wirbellosen Tiere gibt es noch: Spinnentiere (Weberknechte, Webspinnen, Pseudoskorpione, Milben) Tausendfüßer (Hundertfüßer, Saftkugler, Steinläufer) Weichtiere (Muscheln, Tintenfische, Schnecken) Asseln Würmer (Regenwurm u.a.) Kreise die Gruppe ein, zu der dein beobachtetes Kleintier gehören könnte. Tipp zum Weiterforschen: Falls das Wetter mal nicht so sonnig sein sollte, kannst du statt nach Insekten auch nach anderen Kleintieren suchen. Viele Wirbellose (z.B. Schnecken) kannst du auch bei leichtem Regen finden. Herausgeber: Landesbund für Vogel- und Naturschutz in Bayern e.V. (LBV) Grafik: Gunther Rissmann Fotos: T. Tschapka, F. Wenger, Ch. Bosch, S. Masur, Ch. Stiersdorfer www.lbv.de/umweltbildung/fuer-kindertageseinrichtungen MIT KINDERN INSEKTEN ERFORSCHEN Diese kleine Beobachtungshilfe soll Freude am Erforschen von Insekten wecken. Sie dient nicht dazu, Insekten genau zu bestimmen. Sie ist behilflich dabei, sich Fragen zu stellen, genau hinzusehen und achtsam zu sein. Im Sinne unseres partizipativen Ansatzes ist es unser Anspruch, die Fragen und Interessen der Kinder aufzugreifen. Beim Forschen, Erkunden und Entdecken wächst neben dem Interesse auch die gemeinsame Freude an der Natur. Kinder und Erwachsene lernen dabei miteinander auf gemeinsamen Erkundungstouren. Diese Beobachtungshilfe ist so klein, dass sie in die Hosen- oder Jackentasche passt. Sie ist aus nachhaltigem, beschichtetem Papier hergestellt, so dass sie sich mehrfach mit einem Kreidestift beschreiben lässt.

6 LBV MAGAZIN 1|25 HAUSROTSCHWANZ, FOTO: DR. CHRISTOPH MONING | GARTENROTSCHWANZ, FOTO: ROSL RÖSSNER Hausrotschwanz

LBV MAGAZIN 1|25 7 Gartenrotschwanz Der Hausrotschwanz sieht dem auch in Deutschland vorkommenden Gartenrotschwanz (Phoenicurus phoenicurus) auf den ersten Blick recht ähnlich. Im Detail jedoch unterscheiden sich die Männchen dieser Schwesterarten deutlich voneinander: Der Gartenrotschwanz hat eine orange Brust, die sich deutlich von der schwarzen Kehle abhebt, und ein weißes Stirnband. Der Hausrotschwanz hat eine graue bis rußschwarze Brust und ihm fehlt das Weiß auf der Stirn. VERWECHSLUNGSGEFAHR

8 LBV MAGAZIN 1|25 LESERBRIEFE Ihre Meinung ist uns wichtig! Schreiben Sie uns unter leserbriefe@lbv.de oder per Post an Redaktion LBV magazin, Eisvogelweg 1, 91161 Hilpoltstein. Die Redaktion behält sich aus Platzgründen eine Auswahl und das Kürzen von Leserzuschriften vor. Leserbriefe geben nicht die Meinung der Redaktion wieder. i Post Elektrisierende Naturbeobachtungen Bei mir vor dem Fenster steht ein mit Efeu umrankter Baum. Der bietet allerhand Getier Schutz. Kürzlich saß auf einem seiner Äste ein Ringeltaubenpaar. Sie schnäbelten ohne Unterlass. Es ließ sich auch nicht stören, als ein Eichhörnchen auf demselben Ast an ihnen vorbeihuschte. Zu schade, dass ich keine Kamera griffbereit dabei hatte, um diesen Augenblick festzuhalten. Als es im Sommer so heiß war, wurde ich zufällig Zeuge einer seltenen Szene. Ein großer Buntspecht labte sich an einer Pfütze, um seinen Durst zu stillen. Er hatte Gesellschaft von einer Braunelle, auch ein seltenes Exemplar, das ich bisher noch nicht gesehen hatte. Als Naturfreund fallen einem solche Beobachtungen sofort auf, an denen andere, ohne davon Notiz zu nehmen, achtlos vorübergehen. Mich elektrisieren solche Bilder sofort und nachhaltig. Heinz Pfennig, 81371 München Fotoshooting im Garten Diesen spektakulären Gast konnte Josef Lerzer in seinem Garten in Hilpoltstein beobachten. Dazu schrieb er uns: An einem Tag im Winter mit der Familie. Tochter schreit: „Was habt ihr für einen Vogel auf der Hecke?“ Mutter rennt zum Fotoshooting in den Garten. Nachdem er sich nicht streicheln lässt, flüchtet er. Wir waren begeistert. Hoffentlich der Sperber auch. Josef Lerzer, 91161 Hilpoltstein Spannendes Naturphänomen entdeckt Bei einem Spaziergang im Naturwald Vierzehnheiligen im Landkreis Lichtenfels fand ich kürzlich ein seltenes Naturphänomen. Auf einem Totholz-Ast waren haarfeine Fäden gewachsen, die insgesamt wie wattebauschartige Büschel ähnlich Zuckerwatte aussehen. Dabei handelt es sich um Haareis, auch Eiswolle genannt. Die Besonderheit dieser Eisform ist, dass sie nicht wie ein Eiszapfen an den Enden, sondern von ihrer Basis her wächst. Die Eishaare bilden sich mit einer erstaunlichen Geschwindigkeit von fünf bis zehn Millimetern pro Stunde, solange genügend Wasser aus dem Holz nachgeliefert wird. Dieses Naturphänomen tritt nur bei ganz speziellen Wetterbedingungen auf. Haareis entsteht bei Temperaturen knapp unter null Grad, Windstille und hoher Luftfeuchtigkeit. Die feinen watteartigen Strukturen entstehen durch die verholzten Gefäße in den toten Ästen, da das Wasser unter bestimmten Bedingungen nur oben im Holz gefriert. Dabei dehnt sich das Wasser aus, während von unten weiter Wasser nachdrückt, das dann an der Oberfläche gefriert. Volker Woitzek, 96215 Lichtenfels Qualitätskontrolle auf Echsenart Dieses Titelbild einer vergangenen Ausgabe des LBV magazins hat eine besondere Leserin überzeugt: eine Zauneidechse, fotografiert von unserem Leser Rainer Hoffmann. Rainer Hoffmann, 82024 Taufkirchen FOTOS: VOLKER WOITZEK, JOSEF LERZER, RAINER HOFFMANN, CAROLA BRIA, CHRISTOPH BOSCH, CHRISTOPH BAUER

LBV MAGAZIN 1|25 9 Gezwitscher Erfolg: GIGA-Factory vor dem Aus Im November 2024 wurde bekannt, dass die Pläne für eine sogenannte GIGAFactory im Moorgebiet Engelmannsholz im Landkreis Tirschenreuth faktisch vom Tisch sind. Nach der Insolvenz der Ziegler-Group ist das Vorhaben für eine Holzhausfabrik mit einer Größe von 37 Hektar nun gestoppt. Die erheblichen naturschutzfachlichen Konflikte in dem wertvollen Gebiet konnten in dem über vier Jahre andauernden Verfahren nicht aufgelöst werden. Auch Fachbehörden haben den Eingriff kritisiert. Der LBV hat sich von Anfang an entschieden gegen die Zerstörung des Moorwaldes mit vielen stark bedrohten Arten eingesetzt. Wir fordern von der Stadt, das Bauleitplanverfahren nun offiziell zu beenden. KURZMELDUNGEN Fazit im Feuersalamander-Projekt 2021 starteten LBV, BUND Naturschutz und Landesverband für Amphibien- und Reptilienschutz ein vom Umweltministerium gefördertes Artenhilfsprogramm für den Feuersalamander, das nun endet. Um die Art zu fördern wurden zum Beispiel Quellfassungen entfernt und Warnschilder aufgestellt. Der LBV hat auch fünf Hektar Fläche gekauft, die nun für den Lurch optimiert werden. Über 1.600 untersuchte Tiere waren frei vom Salamanderfresserpilz und jährliche Larven-Zählungen zeigten keine Bestandseinbrüche. Mit der Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft wurde ein Merkblatt erstellt. Der Verein frogs & friends verfasste ein Konzept zur Erhaltungszucht. Die Umsetzung beginnt im Tiergarten Nürnberg und im Wildpark Hundshaupten. Bildung hat die beste Rendite. Erweitere dein Wissen über nachhaltige Geldanlagen, fairen Handel und Klimagerechtigkeit mit unseren interaktiven Angeboten. www.bayern.oikocredit.de - ANZEIGE - Auf in die Gärten, fertig, los! Im Projekt „Vogelfreundlicher Garten“, das der LBV und das Bayerische Artenschutzzentrum im Landesamt für Umwelt gemeinsam durchführen, haben LBV-Ehrenamtliche in den letzten drei Jahren schon über 5.000 naturnahe Privatgärten in Bayern ausgezeichnet. Nun geht das Projekt in die Verlängerung bis 2027, damit noch mehr Menschen belohnt werden, die Naturschutz vor ihrer Haustür beginnen lassen. Wer hat Lust in der Gartenjury mitzuwirken? Mit etwas Basiswissen zum Thema Garten und am PC und ein wenig Zeit kann es (fast) losgehen! Alle Details erfährt man beim Online-Infoabend am 2. April und unter vogelfreundlichergarten.de.

10 LBV MAGAZIN 1|25 THEMA DR. NORBERT SCHÄFFER LBV-VORSITZENDER Der Hausrotschwanz ist Vogel des Jahres 2025. Darüber freue ich mich sehr! Das Pärchen Hausrotschwänze auf einem Balken an unserem Schuppen begeistert mich jedes Jahr. Hausrotschwanzmännchen sind die ersten, die morgens singen, oftmals schon in der frühen Dämmerung, und abends die letzten, fast noch bis in die Dunkelheit. Auf dem Dachfirst sind Hausrotschwänze mit ihrem hohen Zwitschern und knirschenden oder klappernden Gesang unverkennbar. Sie gehören für mich, ebenso wie Amseln und Stare, zu einem Garten einfach dazu. Eigentlich sind Hausrotschwänze Kurzstreckenzieher, die bei uns wegziehen und den Winter in etwas wärmeren Regionen verbringen. In milden Wintern, die durch den Klimawandel immer häufiger werden, bleiben Hausrotschwänze zunehmend auch bei uns. Beobachten lässt sich dies durch unsere Mitmachaktion Stunde der Wintervögel. Unsere Hausrotschwänze sind noch nicht zurück – ich warte jeden Tag auf ihre Ankunft und freue mich riesig auf sie! Vogelfreundlicher Garten Hausrotschwänze und viele andere Vogelarten profitieren von einem naturnahen Garten. Im Rahmen unseres Projektes „Vogelfreundlicher Garten“ haben wir gemeinsam mit dem Bayerischen Artenschutzzentrum am Landesamt für Umwelt (LfU) in ganz Bayern bereits über 5.000 Gärten nach strengen Kriterien ausgezeichnet. Dies ist nur durch über 600 ehrenamtliche Gartenbewerterinnen und -bewerter möglich. Ganz herzlichen Dank für Ihr wunderbares ehrenamtliches Engagement! Umgang mit sogenannten Konfliktarten Den Hausrotschwanz muss man einfach mögen. An seiner Anwesenheit kann sich wirklich niemand stören. Es gibt aber sicherlich auch Tierarten, die vereinzelt zu Konflikten führen können. Ob Wolf, Fischotter, Kormoran oder Saatkrähe – der LBV bemüht sich, konstruktiv und fachlich fundiert nach Lösungen bei möglichen Konflikten oder Belastungen zu suchen. Gleichzeitig beunruhigt es mich, dass immer häufiger wieder in den Kategorien „Nützlinge – Schädlinge“ gedacht wird und Arten, „von denen wir nichts haben“ oder die auch mal Probleme machen, sofort die Daseinsberechtigung entzogen wird. Immer wieder kommt es dann vor, dass sogenannte Konfliktarten illegal getötet werden. Wir gehen in unserem gemeinsam mit der Gregor Louisoder Umweltstiftung durchgeführten und vom Bayerischen Landesamt für Umwelt (LfU) geförderten Projekt „Tatort Natur“ jedem uns bekannt gewordenen Verdachtsfall nach. So beispielsweise auch bei einer sogenannten Kamikazetaube, einer Haustaube mit gestutzten Federn, die mit Gift präpariert war, um von einem Greifvogel gefressen zu werden und diesen zu töten. Eine bestialische Vorgehensweise, für die es keinerlei Rechtfertigung gibt. Auch bei Wölfen wird in manchen Kreisen mittlerweile recht offen über illegale Maßnahmen gesprochen. Das wird der LBV niemals hinnehmen! Naturschutz braucht Gelder Natur- und Artenschutz ist nicht einfach ein Hobby von einigen Menschen, die Spaß an der Natur haben. Vielmehr ist die Verpflichtung zum Schutz unserer Natur in der Bayerischen Verfassung und im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland explizit genannt. Der LBV übernimmt mit seiner Arbeit also staatliche Aufgaben, in vielen Fällen umgesetzt von engagierten Ehrenamtlichen. Gerade in Bayern wird sehr großer Wert darauf gelegt, dass Maßnahmen im Natur- und Artenschutz beispielsweise von Landbewirtschaftenden freiwillig umgesetzt werden. Um die zum Teil gesetzlich oder im Koalitionsvertrag zwischen CSU und Freien Wählern festgeschriebenen Ziele im Natur- und Artenschutz, wie beiSTANDPUNKT Es wird wieder recht offen über illegale Maßnahmen gesprochen verträgt keine Pause Naturschutz

LBV MAGAZIN 1|25 11 spielsweise den Aufbau eines Biotopverbundes im Offenland, die Umsetzung des Bayerischen Streuobstpaktes, die Wiedervernässung von Mooren oder den Ausbau des Vertragsnaturschutzes auf freiwilliger Basis zu erreichen, sind erhebliche finanzielle Mittel erforderlich. Stehen die Gelder nicht dauerhaft und verlässlich zur Verfügung – und dies lässt die derzeitige Haushaltssperre im Naturschutz befürchten – führt dies nicht nur dazu, dass wir unsere Naturschutzziele nicht erreichen und immer mehr Natur um uns herum verlorengeht, es kommt auch zu einem erheblichen Vertrauensverlust bei denen, die sich für die Natur engagieren. Die Liste der Betroffenen reicht von Landwirtinnen und Landwirten über Baumschulen bis zu den Maschinenringen. Wenn dann nicht einmal mehr Unkosten erstattet werden, ist dies auch mangelnde Wertschätzung gegenüber ehrenamtlich Tätigen. Das darf nicht sein! Artenhilfsprogramme Die Liste der Aktivitäten und Ziele im Natur- und Artenschutz ist lang und vielfältig. Eines aber steht für mich fest: Das Aussterben von Arten zu verhindern, ist das absolute Minimalziel, auf das wir uns einigen müssen. Der LBV hat im Rahmen seiner Artenhilfsprogramme, gefördert von LfU und anderen Stellen, eindrucksvoll bewiesen, dass wir dieses Ziel erreichen können. Die Liste der Erfolge reicht von Weißstorch und Wanderfalke über Wiesenweihe und Feldhamster bis hin zu Großer Hufeisennase und Ortolan. In Zukunft brauchen wir mehr Geld, um beispielsweise Wiesenbrüter wie Uferschnepfe, Großen Brachvogel und Rotschenkel oder auch den Feuersalamander vor dem Aussterben zu bewahren. Gerade unsere unmittelbar vor dem Aussterben stehenden Arten verkraften keine Pause in unseren Anstrengungen, die entsprechenden Arten zu erhalten – und keine Kürzung der finanziellen Mittel. Dr. Norbert Schäffer Neue Bundesregierung Wenn Sie diese Zeilen lesen, sind unsere Hausrotschwänze vielleicht schon aus ihrem Winterquartier zurück – und die Bundestagswahl ist gelaufen. Auch wenn Themen wie Klima-, Natur- und Artenschutz im zurückliegenden Bundestagswahlkampf kaum eine Rolle gespielt haben, wird sich eine neue Bundesregierung diesen Themen nicht verschließen können. Der Kampf gegen die Klimakrise, der Erhalt unserer Biologischen Vielfalt oder einfach ausgedrückt der Erhalt einer intakten und gesunden Umwelt ist eben nichts, was vermeintlich warten kann, bis wir keine anderen Probleme haben. Es ist kein „nice to have“, sondern moralische Verpflichtung, gesetzlicher Auftrag und Grundlage für unser Überleben. Dieser Verantwortung muss auch eine neue Bundesregierung gerecht werden! GARTEN IM FRÜHLING I FOTO: PETER BRIA Das Aussterben von Arten zu verhindern, ist absolutes Minimalziel Folgen Sie mir auf LinkedIn unter Dr. Norbert Schäffer

THEMA FOTO: ROSL RÖSSNER Männlicher Hausrotschwanz im Prachtkleid 12 LBV MAGAZIN 1|25

Anpassungskünstler zwischen Gebirge und Stadt Der Hausrotschwanz war bis zum Ende des 18. Jahrhunderts ein Bewohner offener felsiger Gebirgslandschaften und ist es auch heute noch in weiten Teilen seines ausgedehnten Verbreitungsgebietes von den Gebirgen Zentralasiens westwärts bis in die Bergregionen des Mittelmeerraumes und Europas. In den Alpen brütet er bis in Höhen von 3.200 Metern. Er ist ein sehr anpassungsfähiger Vogel. Wenn man bei einer Bergwanderung den markanten Gesang des Hausrotschwanzes hört, kann man davon ausgehen, dass sich in der Nähe eine Almhütte oder ein anderes Gebäude befindet. Denn auch im Gebirge sucht der kleine Vogel Gebäude als erhöhte Singwarten und Nischen darin zum Nestbau. Mit der Verstädterung und der Kaum eine Vogelart kommt dem Menschen so nahe wie der Hausrotschwanz. Einst ein Felsenbewohner der Gebirge, hat er sich sehr gut an den menschlichen Lebensraum angepasst und ist in Städten, Dörfern und Gärten zu Hause. Schon früh im Jahr ist vielerorts am Morgen als allererstes sein charakteristischer Gesang von den Dächern zu hören. Das muntere Treiben des kleinen Vogels, der oft mit dem Schwanz zittert, erfreut viele Vogelfreunde. Der Hausrotschwanz LBV MAGAZIN 1|25 13

14 LBV MAGAZIN 1|25 Ausbreitung von Siedlungen dehnte er sein Brutgebiet auf die gemäßigten Tieflagen Europas aus. Vermutlich entdeckten Jungvögel auf ausgedehnten Streifzügen die vom Menschen geschaffenen „Felslandschaften“. Die Nischen, Ritzen und Spalten in unseren Hauswänden ähneln dem felsigen Zuhause. Seitdem hat sich der Hausrotschwanz zu einem der 20 häufigsten Gartenvögel in Deutschland entwickelt, der in fast einem Fünftel aller Gärten und Parks beobachtet wird, wie unsere Mitmachaktion Stunde der Gartenvögel in den letzten Jahren eindeutig gezeigt hat. Frühaufsteher mit markantem Gesang Der Hausrotschwanz ist ein hübscher Vogel mit dunklem Gefieder und rostorange gefärbten Schwanzfedern. Verwechslungsgefahr besteht mit dem Gartenrotschwanz, der entgegen seinem Namen in den modernen bayerischen Gärten mit kurzem Rasen und wenigen Laubbäumen gar Bei der vierten öffentlichen Wahl des LBV und seinem bundesweiten Partner NABU haben fast 143.400 Menschen abgestimmt. 43.235 Stimmen entfielen dabei auf den Hausrotschwanz, knapp gefolgt von der Waldohreule mit 40.455 Stimmen. Er löst seinen Vorgänger, den Kiebitz ab. Der Vogel des Jahres wurde in Deutschland erstmals im Jahr 1971 gekürt. Seit 2021 wird er durch eine öffentliche Wahl bestimmt. UND DER GEWINNER IST... Hausrotschwanz 30,2 % Waldohreule 28,2 % 15,8 % Schwarzspecht THEMA Schwarzstorch 14,5 % Kranich 11,3 % nicht so häufig vorkommt. Neben Unterschieden im Gefieder ist auch der Gesang der beiden unverwechselbar. Der Hausrotschwanz beginnt melodisch, wechselt aber mit knarrenden, knirschenden Tönen. Der Gesang erinnert ein wenig an das Geräusch, wenn der Empfang des geliebten Radiosenders schlechter wird. Der eifrige Vogel singt schon lange vor Sonnenaufgang vom Dachfirst, und eröffnet so das Morgenkonzert der Singvögel. Aber auch tagsüber und bis spät in die Dämmerung hinein ist der kratzende Gesang oft zu hören. Wenn er im Oktober plötzlich verstummt, kündigt sich der Aufbruch des kleinen Vogels in sein Winterquartier an. Tagsüber kann man den Vogel des Jahres 2025 gut bei der Insektenjagd beobachten. Dabei sitzt er gerne erhöht auf Dachsimsen oder Holzstapeln, von wo aus er seine Beute erspäht und sich blitzschnell herabstürzt. Manchmal folgt er im Zickzackflug fliegenden Insekten oder erbeutet einen FOTOS: ERICH OBSTER, ANDREAS HARTL HausrotschwanzWeibchen HausrotschwanzMännchen

Steckbrief So können Sie helfen Der Vogel braucht Hohlräume und Nischen an Gebäuden, um sein Nest zu bauen; Nahrung findet er in insektenfreundlichen Gärten mit einheimischen Pflanzen, auf locker mit Wildblumen bewachsenen Wiesen und Holzstapeln als Ansitzwarten. Zeigen Sie also Mut zur Lücke am Haus und im Garten. FOTO: ERICH OBSTER Name HAUSROTSCHWANZ (Phoenicurus ochruros) Verwandtschaft Ordnung der Sperlingsvögel (Passeriformes), Familie der Fliegenschnäpper (Muscicapidae) Merkmale Größe wie Rotkehlchen (13 bis 15 cm), aber schlanker wirkend; Männchen mit grauschwarzem Gefieder, Weibchen und junge Männchen blasser graubraun gefärbt; namensgebender orangeroter Schwanz. Lebensraum Ursprünglich Bewohner felsiger Gebirgslandschaften; brütet heute an Gebäuden in Dörfern und Städten; bevorzugt eher vegetationsarme, offene Flächen zur Insektenjagd. Nahrung Insekten, deren Larven sowie Spinnen und im Herbst Beeren; fängt Insekten am Boden und in der Luft, unter anderem Schmetterlinge. Stimme Unverwechselbarer, lauter Gesang aus knarrenden und knirschenden Elementen, die in wechselnder Reihenfolge wiederholt werden; einer der ersten Sänger am Morgen. Zugverhalten Früher Kurz- und Mittelstreckenzieher bis Südwestfrankreich und in den Osten der Iberischen Halbinsel; heute als Teilzieher eingestuft, da ein Teil der Population in Deutschland, vor allem in den Ballungsräumen, überwintert. Verbreitung Weite Teile Europas, mit Ausnahme von Island, Schottland, Nordskandinavien und Nordosteuropa; in Deutschland in der Zeit von März bis Ende Oktober, je nach Wetterlage. Bestand Häufiger Brutvogel in ganz Deutschland; nicht gefährdet, mit stabilem Trend; 0,8 bis 1,1 Millionen Brutpaare in Deutschland. Gefährdung Hat sich als Kulturfolger zu einem der häufigsten Brutvögel Deutschlands entwickelt; profitiert als Gebäudebrüter von der fortschreitenden Bebauung, verliert aber durch Haussanierungen seine Brutnischen. LBV MAGAZIN 1|25 15

16 LBV MAGAZIN 1|25 THEMA FOTOS: BERND LEUTHÄUSER, DIETER HOPF vorbeiflatternden Schmetterling. Bei der Nahrungssuche ist der Vogel auf Flächen mit offener und nicht zu hoher Vegetation angewiesen. Felsnische am Haus Bei der Wahl des Brutplatzes sind Hausrotschwänze nicht besonders wählerisch und auch wenig störungsempfindlich. Am liebsten baut das Weibchen in Nischen oder Spalten von Gebäuden, unter Dachvorsprüngen oder auf Balken seinen soliden Napf mit tiefer Mulde. Nicht selten werden ungewöhnliche Nistplätze angenommen, wie zum Beispiel die Zeitungsrolle eines ahnungslosen Hausbesitzenden. Auch nimmt der Hausrotschwanz gerne Halbhöhlen als Nisthilfe an, doch sind diese oft bereits belegt, wenn er spät im Frühjahr aus seinem Winterquartier am Mittelmeer zurückkehrt. Amseln bauen ihr Nest oben auf der Nisthilfe, Spatzen ziehen in den aufgehängten Halbhöhlen-Nistkasten ein. Doch schon im nächsten Jahr oder bei der zweiten Brut im selben Jahr kann es ganz anders aussehen und der begehrte Platz ist wieder frei. Zudem kann man den Hausrotschwanz inzwischen als Teilzieher bezeichnen, da ein Teil der Population im Brutgebiet verbleibt. Verbrachte er bislang als Kurzstreckenzieher die kalte und insektenarme Jahreszeit traditionell im Mittelmeerraum bis an den Nordrand der Sahara, so überwintern seit einigen Jahren immer mehr Tiere in Deutschland. Ein Beispiel für die Folgen des Klimawandels? Diese Vögel haben im Frühjahr einen nicht zu unterschätzenden Vorteil, wenn sie als erste die besten Reviere besetzen und gegen Neuankömmlinge aus dem Winterquartier verteidigen. Nahrung für den Gartenvogel Der Hausrotschwanz ist in vielen Gärten anzutreffen und es macht Spaß, ihn bei seinem bunten Treiben zu beobachten. Besonders auffällig sind das Zittern des leuchtend roten Schwanzes und das tänzerische Knicksen. Damit er sich im Garten wohlfühlt, ist das richtige Nahrungsangebot entscheidend. Liegengelassenes Totholz oder wilde Ecken sorgen für ein reichhaltiges Insektenbüffet, ebenso eine ausgewogene Mischung aus offenen Flächen und Blumenwiesen. Wird hingegen die Vegetation zu dicht und der Garten schattig, sucht sich der Hausrotschwanz einen anderen Lebensraum. Zunehmend stellt sich auch die Frage nach dem richtigen Nahrungsangebot am Futterhäuschen im Winter, denn auch in den kalten Monaten werden in Bayern immer wieder Rotschwänzchen beobachtet. Weiches und fetthaltiges Futter sollte daher nicht fehlen. DR. ANGELIKA NELSON Biologin, LBV-Umweltbildung E-Mail: angelika.nelson@lbv.de BU Regular Skolar Sans Latin 9pt 2mm Abstand qui omnimod iorrupidias. Das HausrotschwanzWeibchen füttert seine Jungen im Nest mit einem Braunen Grashüpfer. Hausrotschwanz- Jungvogel

Schon gewusst? Den Hausrotschwanz zeichnet mehr aus als sein roter Schwanz und sein knicksendes Verhalten. Er bevorzugt ganz bestimmte Brutplätze und Singwarten und tritt aufgrund seiner geografisch weiten Verbreitung in variationsreichen Unterarten auf. Vier erstaunliche Fakten zum Vogel des Jahres. „Bombenvogel“ Vor allem in der Nachkriegszeit nahm der Bestand im Siedlungsraum zu. Im Vereinigten Königreich wird der Hausrotschwanz als „bomb-site bird“ bezeichnet, da die kriegszerstörten Gebäude mit ihren scheinbaren „Felsen“ dem Hausrotschwanz ideale Nistplätze boten. Verwechslungsgefahr Knifflig ist die Unterscheidung der Weibchen von Haus- und Gartenrotschwanz. Die des Hausrotschwanzes sind überwiegend mausgrau, die Gartenrotschwänzin ist beige-braun mit leicht orangefarbener Brust. Leichter wird es, wenn ein Männchen zugegen ist, dessen Stimme das beste Unterscheidungsmerkmal ist: Der Gesang des Gartenrotschwanzes ist wohltönend, während die Strophen des Hausrotschwanzes von regelmäßig wiederholten, knirschend-kratzigen Lauten geprägt sind. Noch mehr Verwandtschaft Weltweit gibt es 14 Arten und zahlreiche Unterarten in der Gattung der Rotschwänze (Phoenicurus). Beim Gartenrotschwanz unterscheidet man zwei Unterarten, beim Hausrotschwanz sogar acht. Fast alle Arten sind durch die rost- bis rotbraune Färbung des Schwanzes charakterisiert, unterscheiden sich jedoch in der Größe und Färbung anderer Gefiederpartien. Traditionell wurden die Rotschwänze in die Familie der Drosseln (Turdidae) gestellt, genetische Untersuchungen ordnen sie jedoch eher den Fliegenschnäppern (Muscicapidae) zu, Unterfamilie Schmätzer (Saxicolinae). Sitzwarte Zum Singen und für die Ansitzjagd auf Insekten bevorzugt der Vogel erhöhte Plätze, Felsgipfel, Dächer oder Ähnliches. Er hält sich meist nicht wie andere Singvögel mit den Zehen an Ästen oder Zweigen in Baumkronen fest. Oft läuft er mit seinen langen Beinen (Tarsen) auf der Jagd nach Insekten und Spinnen auch auf dem Boden. Steinschmätzerpaar GartenrotschwanzWeibchen Hausrotschwanz-Weibchen HausrotschwanzMännchen FOTOS: HANS-JOACHIM FÜNFSTÜCK, ERICH OBSTER, RALPH STURM, NICOLE FRIEDRICH, ROSL RÖSSNER LBV MAGAZIN 1|25 17

18 LBV MAGAZIN 1|25 FOTOS: ZDENEK TUNKA, FRANZISKA BACK REPORTAGE Kinder tauchen in die Welt der Wintervögel ein ABENTEUER NATUR Quirlig flattern die Kohlmeisen um die Futterstation im Garten, eingebettet zwischen alten Kirschbäumen der Kalchreuther Streuobstwiesen im Landkreis Erlangen-Höchstadt. Flink picken sie Körner aus der selbstgebauten Konstruktion und verschwinden dann wieder in den kahlen Hecken. Hochkonzentriert beobachten zehn Augenpaare das Gewusel. Leises Getuschel macht sich breit, als sich ein anderer Vogel zu der Schar gesellt. Etwas kleiner ist er und rundlich, die Kopfplatte glänzend schwarz, der Körper weißSchon kleine Naturforscher leisten einen großen Beitrag: Bei vielen LBV-Mitmachaktionen können bereits die Jüngsten aktiv werden. Im Rahmen der Stunde der Wintervögel und der Schulstunde der Wintervögel haben sich 2025 wieder zahlreiche Kindergruppen und Klassen an der größten Vogelzählung Deutschlands beteiligt. Auch die NAJU-Gruppe aus Heroldsberg war dabei, um dem LBV wichtige Daten zu liefern. Die schwarz glänzende Kopfplatte ist typisch für die Sumpfmeise.

lich-beige. So schnell wie er da war, ist er auch wieder im Dickicht verschwunden. „Vielleicht war es eine Sumpfmeise“, flüstert Linda und zuckt mit den Schultern. Zustimmend nicken die anderen Kinder. Keine zwei Minuten dauert es, da landet der kleine Federball wieder an dem Futterhäuschen. „Boah, da ist sie wieder“ – und jetzt ist Linda sich sicher: Die Sumpfmeise ist’s! Mit rotem Buntstift schreibt sie in großen Druckbuchstaben SUMPFMEISE auf ihre Zählhilfe, daneben eine Eins. Linda ist Teil der NAJU-Gruppe in Heroldsberg. „Seelachse“ nennt sich die Gruppe aus Kindern, die sich regelmäßig trifft, um gemeinsam Zeit in der Natur zu verbringen und mehr über sie und ihre Bewohner zu erfahren. Die meisten von ihnen sind zwischen sechs und zehn Jahren alt. Heute steht etwas ganz Besonderes auf dem Programm: Wintervögel zählen! Zusammen nimmt die Gruppe an der größten Mitmachaktion des LBV, der Stunde der Wintervögel teil. Das Prinzip: Eine Stunde lang die Vögel im Garten zählen, das Ergebnis dem LBV melden und so wichtige Daten für die Naturschützerinnen und Naturschützer liefern. Von Kohlmeise bis Kleiber „Wir schreiben immer die höchste Anzahl einer Art auf, die wir in einer Stunde sehen“, erinnert LBV-Ökotrainer Martin Kurtzer die Kinder. So soll vermieden werden, dass ein Vogel, der sich innerhalb der Stunde vielleicht mehrmals ein Korn am Futteraus holt, doppelt gezählt wird. „Eins, zwei, drei, vier, fünf Kohlmeisen“, zählt Patrick, dick eingepackt in Winterjacke und Schneehose. „Und ich hab schon zwei Blaumeisen“, fügt er hinzu und greift dann schnell wieder zum Fernglas, um keinen gefiederten Gast zu verpassen. Bereit für die Stunde der Wintervögel: warm eingepackt und mit wachsamem Blick LBV MAGAZIN 1|25 19

FOTOS: FRANZISKA BACK, ROSL RÖSSNER REPORTAGE Schnee liegt zwar keiner, doch das frostige Wetter der vergangenen Tage scheint heute dennoch zahlreiche Vögel an die Futterstation zu locken. Bei kalten Temperaturen benötigen Vögel viel Energie, um ihre Körpertemperatur aufrechtzuerhalten. Dann suchen viele Arten vermehrt Futterstellen auf, um schnell an Nahrung zu kommen. Auch den Kleiber erkennen die Kinder sofort, als er kopfüber den nebenstehenden Obstbaum hinab läuft und sich dann gemeinsam mit einer Kohlmeise an den Sämereien bedient. Nach einer halben Stunde stehen mit ihm nun schon vier Arten auf den Listen der Kinder. Probleme bei der Bestimmung eines Vogels? Davon bisher keine Spur. „Die Kinder, die hierherkommen, interessieren sich wirklich für die Natur“, weiß Christine Hubrach, die die Gruppe 2018 gegründet hat. Viele von ihnen sind schon lange dabei und haben sich in der Zeit zu richtigen Expertinnen und Experten entwickelt. „Mich treibt es an, den Kindern etwas weiterzugeben und zu wissen, dass sie es dann weiter in die Welt tragen“, erklärt die Gruppenleiterin. Motiviert zu dem Ehrenamt haben Christine Hubrach die eigenen Kinder: „Meine beiden Söhne haben schon sehr früh angefangen, sich für Vögel zu interessieren.“ Nach einem Infoabend der NAJU war die Entscheidung dann schnell getroffen und Christine gründete selbst eine Kindergruppe, die sie mittlerweile mit Unterstützung von Martin Kurtzer führt. Mit geschultem Blick auf Vogelpirsch Nicolas, einer der beiden Söhne von Christine Hubrach, ist heute auch dabei. Er ist eines der älteren Kinder in der Gruppe. Seine Augen scannen gezielt die Umgebung ab, immer auf der Suche nach Vögeln. Die Kamera ist gezückt, um jeden von ihnen auch fotografisch festhalten zu können. Die Amsel, die unter der Hecke umherhüpft, hat er schon lange entdeckt und auf seinem Zettel vermerkt. Jetzt fordert ein seltenerer Gast seine Aufmerksamkeit. In dem alten Obstbaum neben der Futterstelle hat sich ein Specht niedergelassen. Schwarz-weiß gemustert ist er, mit roten Akzenten. Kaum hat Nicolas den auffälligen Hämmerer entdeckt, flattert er schon wieder ab in den benachbarten Wald. „Ganz eindeutig ein Mittelspecht“, stellen er und sein Kumpel Nalle lässig fest. Vom viel häufiger zu beobachtenden Buntspecht ist der Mittelspecht nur schwer zu unterscheiden – gerade, wenn ein kurzer Blick ausreichen muss. „Der Buntspecht ist größer, das hat einfach nicht gepasst“, erklärt Nicolas. „Ja genau, und das Muster war ganz klar Mittelspecht“, ergänzt Nalle. Neben den „alten Hasen“ sind heute auch ein paar neue Seelachse dabei. So auch Kara. „Ich finde Tiere süß und ich hatte einfach Bock und deswegen bin ich heut mal mitgekommen“, sagt sie. Ihr Vogelbestimmungsbuch gibt sie nicht aus der Hand – lesen kann sie zwar noch nicht, sie zeigt aber zielsicher auf die Bilder der Vögel, die sich gerade an der Futterstelle tummeln. Mit dabei ist auch ihr älterer Bruder Noah. „In Das ist ein Mittel- und kein Buntspecht – klare Sache für die Kinder. 20 LBV MAGAZIN 1|25

FOTOS: DR. CHRISTOPH MONING, FRANZISKA BACK Vögel zählen für die Wissenschaft Die Stunde der Wintervögel ist die größte bürgerwissenschaftliche Mitmachaktion Deutschlands, bei der möglichst viele Menschen gemeinsam große Datenmengen sammeln und so wichtige Hinweise zur Entwicklung der heimischen Vogelbestände geben. Die Langzeitstudie liefert dem LBV eine Fülle wertvoller Informationen zum Schutz der Artenvielfalt. Jährlich beteiligen sich an der Aktion tausende Menschen in Bayern. Dabei werden eine Stunde lang die Vögel am Futterhäuschen, im Garten, auf dem Balkon oder im Park gezählt und gemeldet. Die nächste große Vogelzählung des LBV findet vom 9. bis 11. Mai im Rahmen der Stunde der Gartenvögel statt. FRANZISKA BACK Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Landesgeschäftsstelle Hilpoltstein E-Mail: franziska.back@lbv.de der Natur gibt es so viele Tiere und die sind alle so verschieden“, schwärmt er. Kara und Noah sind sich schnell sicher: Das war nicht das letzte Mal, dass sie mit der NAJU unterwegs waren. Wenn gerade keine große Zählaktion stattfindet, stehen bei den Seelachsen etwa alle zwei bis vier Wochen verschiedenste Aktivitäten an: Basteln mit Naturmaterialien, Kochen im Freien, Nistkästen bauen oder auch einfach mal spielen und die Natur beobachten. In dem Garten zwischen den alten Streuobstbäumen hat sich die Gruppe ein kleines Reich für junge Naturforscher und Naturforscherinnen geschaffen. Neben der Futterstation ist dort auch eine Eidechsenburg zu finden, die sie gemeinsam angelegt haben, wo sich die flinken Reptilien im Sommer gut beobachten lassen. Die angrenzenden Streuobstwiesen und Wälder, die zahlreiche Vögel und andere Tiere beheimaten, laden zu jeder Menge Abenteuern ein. Ein unerwarteter Gast zur Krönung „Vielleicht hören wir sogar den Bussard“, versucht Christine die Aufmerksamkeit der Gruppe zu gewinnen. Denn im Rahmen der Stunde der Wintervögel gemeldet werden dürfen auch Vögel, die anhand ihres Gesangs sicher erkannt werden. „Schließt mal die Augen und hört nur, welche Vögel vielleicht noch unterwegs sind.“ Doch anstatt zu hören, erspäht eines der Kinder einen besonders leisen Gast, der flink den Stamm eines Baumes hochläuft. „Gartenbaumläufer!“, ruft Nicolas und drückt auf den Auslöser seiner Kamera. „Wo?“, fragt Linda und schaut fragend auf den Stamm. Bewegungslos scheint der kleine Vogel am Stamm zu verschwinden, so gut ist er getarnt. Erst als er wieder beginnt, einen Ast entlangzuflitzen, erkennt ihn auch Linda: „Ah ja, jetzt seh ich ihn“, stellt sie zufrieden fest und kann den Vogel grade noch ergänzen, bevor die Zählstunde vorbei ist. Gemeinsam gehen Christine, Martin und die Kinder nochmal durch, was sie in der Stunde beobachten konnten. Und die Ausbeute kann sich sehen lassen: Fünf Kohlmeisen, zwei BlaumeiMartin Kurtzer und Christine Hubrach leiten die Kindergruppe in Heroldsberg. Gut getarnt: der Gartenbaumläufer Ein Kleiber an der selbstgebauten Futterstation sen, eine Sumpfmeise, zwei Amseln, ein Rotkehlchen und ein Haussperling. Jetzt heißt es nur noch: dem LBV melden. LBV MAGAZIN 1|25 21

THEMA FOTOS: DIETER HOPF, MARKUS GLÄSSEL Bestimmte Arten bevorzugen unsere Nachbarschaft Vögel als Nachbarn Vom Dachgiebel bis zur Hecke, vom Baum im Vorgarten bis zur versteckten Nische: Vögel, die in der Nähe des Menschen nisten, bringen eine bunte Vielfalt in den oft grauen Alltag. Doch der Platz wird knapp, und viele Arten geraten in Wohnungsnot. Höchste Zeit, einige zwitschernde Nachbarn besser kennenzulernen – und zu erfahren, was ihnen hilft, um sich wohlzufühlen. VON DR. ANGELIKA NELSON Turmfalken wollen hoch hinaus und besiedeln Kirchtürme und andere hohe Gebäude in Städten und Dörfern. Aber auch halboffene Nistkästen in mindestens fünf Metern Höhe an Hallen oder Scheunen werden gerne angenommen. Als Sitzwarte für die Altvögel und zur Unterstützung der ersten Flugversuche der Jungvögel empfiehlt sich ein Lattenrahmen als Vorbau. Der Haussperling hat sich vor mehr als 10.000 Jahren als Kulturfolger dem Menschen angeschlossen und mit ihm die Welt erobert. In lockeren Verbänden oder Kolonien sucht er geschützte Hohlräume an Gebäuden auf, sei es unter losen Dachziegeln, in Mauerlöchern oder in Nischen unter Vordächern. Auch Vollhöhlenkästen, die in einer Höhe von vier bis zehn Metern angebracht sind, nehmen die Vögel gerne an. Damit sich Haussperlinge wohlfühlen, sollte es in der Nähe außerdem Hecken und Sträucher geben, die ihnen als Versteck dienen. 22 LBV MAGAZIN 1|25

FOTOS: RALPH STURM, DR. CHRISTOPH MONING, ZDENEK TUNKA Die Dohle, auch „Pastors schwarze Taube“ genannt, brütet gerne in Kirchtürmen und Burgen. Doch nicht immer ist sie willkommen. In einigen Gemeinden hat der LBV deshalb hinter den Schalllöchern der Kirchtürme geräumige Nistkästen angebracht, damit die Vögel einen Platz zum Brüten finden, ohne ins Innere des Turms einzudringen. Wer Öffnungen unter dem Dach als Einfluglöcher zulässt, kann den kleinen Rabenvögeln auch am Wohnhaus einen geeigneten Nistplatz bieten. Mehlschwalben bauen ihre schalenförmigen Nester an der Außenfassade von Gebäuden. Dem Volksglauben nach bieten sie den Hausbewohnern Schutz vor Unwettern. Damit das Nest gut haftet, sollte der Putz unter dem Dachüberstand rau sein und es sollte Lehmpfützen in der Nähe geben. Für ein harmonisches Zusammenleben kann mit etwas Abstand unter dem Nest ein Kotbrett angebracht werden, um den anfallenden Kot aufzufangen. Stare haben keine Reviere, verteidigen aber ihren Brutplatz. Befindet sich dieser auf einem Kirschbaum im Garten, verteidigt das Brutpaar die gesamte Ernte gegen andere Stare. Das ist auch für die Gartenbesitzenden von Vorteil: Sie müssen die Kirschen nur mit einem Paar und nicht mit einem ganzen Schwarm von Staren teilen. Es macht deshalb Sinn, am Kirschbaum in einer Höhe ab vier Metern einen Vollhöhlen-Nistkasten mit großem Einflugloch anzubringen. In der näheren Umgebung sollten weitere Nistmöglichkeiten vorhanden sein, da Stare gerne in Gemeinschaft brüten. LBV MAGAZIN 1|25 23

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