Naturschutz in der Bayerischen Politik

Inwieweit werden die Forderungen des LBV in den Wahlprogrammen der Parteien berücksichtigt?

Lebendige Fluren, saubere Flüsse, Freiräume in den Alpen – Der Erhalt der bayerischen Natur steht vor großen Herausforderungen. Doch wie ernst nehmen die Parteien des Bayerischen Landtags ihre Verantwortung für Natur und Artenvielfalt? Dies hat eine von uns in Auftrag gegebene Studie des Centrums für angewandte Politikforschung (CAP) untersucht.

Getreidefeld mit Blühstreifen, wo viele bunte BLumen wie Mohn wachsen | © Dr. Eberhard Pfeuffer © Dr. Eberhard Pfeuffer

Hintergrund

lbv.de
Unsere sieben Kernforderungen

Bayern zeichnet sich durch eine große biologische Vielfalt aus, die vielerorts enormen Bedrohungen ausgesetzt ist. 2008 beschloss der Bayerische Ministerrat die sogenannte Bayerische Biodiversitätsstrategie zur Sicherung der Artenvielfalt, dem Erhalt der Vielfalt der Lebensräume, der Verbesserung der ökologischen Durchlässigkeit von Wanderbarrieren und der Vermittlung und Vertiefung von Umweltwissen.

Dennoch besteht noch dringender Handlungsbedarf, denn es geht weiterhin biologische Vielfalt in besorgniserregendem Ausmaß verloren.

Im Vorfeld der bayerischen Landtagswahl 2018 haben wir 7 Kernforderungen inklusive konkreten Unterpunkten aufgestellt und diese rechtzeitig den Parteien zukommen lassen.

In dieser Expertise soll nun erstens untersucht werden, welche Rolle das Thema Naturschutz in den Wahlprogrammen von CSU , SPD, FREIE WÄHLER, BÜNDNIS 90/GRÜNE, FDP, AfD, LINKE, ÖDP und Bayernpartei spielt, und zweitens inwieweit unsere Forderungen Eingang in die Wahlprogramme gefunden haben.

Thema Naturschutz in den Wahlprogrammen der Parteien

Im Folgenden wird analysiert welche Rolle der Naturschutz in den Wahlprogrammen der Parteien spielt. Konkret interessiert, an welcher Stelle im Wahlprogramm Ausführungen zum Naturschutz (und hier insbesondere jene, welche unsere Forderungen betreffen) stehen und in welchem Umfang das Thema beleuchtet wird.

Kurzzusammenfassung der Ergebnisse

Im folgenden Abschnitt können Sie die Kurzzusammenfassung der Analyse nachlesen. Den ausführlichen Bericht finden Sie hier als PDF-Download.

[Einzelnachweise zu Naturschutz in den Wahlprogrammen der Parteien]

CSU
Das Regierungsprogramm der CSU umfasst 71 Seiten und 10 Kapitel. Das Thema Naturschutz wird in Kapitel 8 auf 6 Seiten behandelt. Überschrift dieses Kapitels ist „Wir schützen unsere Umwelt und setzen auf unsere Landwirtschaft“. Zum Regierungsprogramm

SPD
Das Programm der bayerischen SPD zur Landtagswahl trägt den Titel „Zukunft im Kopf, Bayern im Herzen“. Es umfasst 68 Seiten und setzt sich aus 14 übergeordneten Themen zusammen. Die Positionen zum Naturschutz finden sich sehr umfangreich an 10. Stelle unter dem Titel „Mut zu Fortschritt und Veränderung: Klima-, Umwelt- und Naturschutz für Bayern“ auf 5 Seiten. Zum Wahlprogramm

FREIE WÄHLER
Das Wahlprogramm der FREIEN WÄHLER nennt sich „Für die Zukunft unserer Heimat“ und umfasst 94 Seiten. Das Thema Naturschutz findet Berücksichtigung in Kapitel 2 und 3 von 6 Kapiteln. Die Positionen der FREIEN WÄHLER im Einzelnen sind stichpunktartig dargelegt. Im Kapitel „Lebenswerte Heimat - Beste Lebensqualität in Stadt und Land“ stehen besonders unter „Umwelt schützen – Klimawandel stoppen“ einige wenige Stichpunkte, die den Naturschutz berühren. Im darauffolgenden Kapitel „Gesunde Umwelt – Umweltschutz ist Selbstschutz“, welches insgesamt 6 Seiten umfasst, werden unter anderem die Themen „Wasser, Luft und Boden“ sowie „Tier- und Pflanzenwelt – Schöpfung bewahren!“ behandelt. Zum Wahlprogramm

BÜNDNIS 90/GRÜNE
Das Wahlprogramm der GRÜNEN trägt den Titel „Mit uns in die Zukunft!“ und umfasst 105 Seiten. Naturschutz als Kernthema der GRÜNEN findet sich im ersten von 4 Kapi-teln wieder. Auf 14 Seiten werden die Positionen der GRÜNEN zu Umwelt, Naturschutz, Klimaschutz, nachhaltiger Landwirtschaft, Verbraucher*innenschutz und Mobilität dar-gelegt. Auf den folgenden 10 Seiten steht ein Aktionsplan mit konkreten Maßnahmen, in dem sich auch viele unserer Forderungen wiederfinden. Zum Wahlprogramm

FDP
Das Wahlprogramm der bayerischen FDP trägt den Titel „Frisches Bayern“ und umfasst 77 Seiten mit 6 Kapiteln. Naturschutz wird im zweiten Kapitel „Ein unkomplizierter Frei-staat“ behandelt. Der Titel „Nachhaltigkeit, Kreislaufwirtschaft, Umwelt- und Tierschutz“ umfasst 6 Seiten. Unsere Themen finden sich überwiegend in den Positionen wieder. Zum Wahlprogramm

Die LINKE
Der Titel des Wahlprogramms der LINKEN für Bayern lautet „Mehr für die Mehrheit“ und umfasst 134 Seiten und 8 Kapitel. Naturschutz wird im siebten Kapitel „Ökologi-scher Umbau – Für ein lebenswertes Bayern“ behandelt. Nach einigen Seiten zum Klimaschutz, folgen 13 Seiten zum Naturschutz, auf denen sich viele unserer Forderungen wiederfinden. Zum Wahlprogramm

AfD
Das Wahlprogramm der AfD nennt sich „Bayern. Aber sicher!“ und umfasst 99 Seiten mit 15 Kapiteln. Naturschutz wird in zwei Unterpunkten rudimentär im siebten Kapitel „Umwelt, Landwirtschaft und Verbraucherschutz“ thematisiert. Zum Wahlprogramm

ÖDP
Das Wahlprogramm der ÖDP trägt den Titel „132 Gründe, die ÖDP zu wählen!“ Die einzelnen „Gründe für die Wahl“ sind in 15 Unterpunkten auf 80 Seiten aufgelistet. Der Naturschutz wird an 11. Stelle unter der Überschrift „Wir achten die Natur und stehen zum Erhalt der natürlichen Artenvielfalt sowie zum Schutz der Lebensräume von Mensch, Tier und Pflanzenwelt“ in 11 „Gründen für die Wahl“ behandelt. Zum Wahlprogramm

Bayernpartei
Das Wahlprogramm der Bayernpartei nennt sich „Weiß-Blaues-Manifest“ und ist nur auf der Website, nicht jedoch als Dokument verfügbar. Es besteht aus 10 Überpunkten. Ausführungen zum Naturschutz sind an 7. Stelle unter dem Titel „Umweltschutz ist Heimatliebe in einem Absatz zu finden. Zum Wahlprogramm

1. Bayerns einzigartige Vielfalt bewahren – Biodiversität in der Agrarlandschaft sichern

Ackerhummel | © Dr. Eberhard Pfeuffer © Dr. Eberhard Pfeuffer
Ackerhummel auf einer Blüte
  • Die Forderung des LBV nach Anpassung der Agrarumweltprogramme zum Erhalt und zur Sicherung der Ökologischen Vorrangflächen (ÖVF) ist so in keinem der Wahlprogramme enthalten.
  • Die GRÜNEN fordern die Erhöhung des Anteils der Ökologischen Vorrangflächen und die konsequente Umsetzung der nationalen und europäischen Biodiversitätsstrategie.
  • Die Forderung des LBV nach sofortiger Reduktion von Pflanzenschutzmitteln und einem langfristigen Verbot schädlicher Wirkstoffe teilen SPD, FW, GRÜNE, LINKE, ÖDP und Bayernpartei.
  • Die Forderung nach Insektenmonitoring teilen die GRÜNEN.
  • SPD, FW, FDP und LINKE thematisieren das Insektensterben, schlagen aber andere Maßnahmen vor (Die SPD will das Insektensterben möglichst schnell stoppen, die FW fordern Programme zum Schutz von Bienen und der Förderung der Imkerei, die FDP will Menschen für den Lebensraum der Bienen sensibilisieren und die Ursachen für das Bienen- und Insektensterben weiter erforschen, die LINKEN wollen u.a. die Aufstockung der Mittel zur Förderung von Maßnahmen im Bereich der Bienenhaltung, ein Monito-ring von Pestizidrückständen im Honig, eine intensive Erforschung von Bienenkrankheiten, ein Förderprogramm als Anreiz für Kommunen mehr Blühflächen zu schaffen und eine bessere Förderung von Streuobstwiesen sowie des Nahrungsangebots der Bienen)
  • Die Forderung nach ausreichend finanziellen Mitteln zur Umsetzung von Artenhilfsprogrammen und dem besseren Schutz der Schutzgebiete findet sich so in keinem der Wahlprogramme.
  • Die SPD will besseren Schutz der Schutzgebiete.
  • Die GRÜNEN wollen nationale und europäische Biodiversitätsstrategie auch in Bayern konsequent umsetzen.

2. Schutz von Gewässern – konsequente Umsetzung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie

Die Ostrach mit der einmaligen Klamm Eisenbreche | © Henning Werth © Henning Werth
Die Ostrach im Allgäu als einer der letzten Wildflüsse
  • SPD und GRÜNE teilen diese Forderung.
  • Die Forderung nach Vermeidung von Sedimenteinträgen in Gewässern teilen SPD und GRÜNE.
  • Die verpflichtende Anlage von Gewässerrandstreifen fordern auch SPD, GRÜNE und LINKE.
  • Die Wiederherstellung der Durchgängigkeit von Fließgewässern fordern auch SPD, LINKE und ÖDP.
  • Den natürlichen Hochwasserschutz fordern auch SPD, GRÜNE, LINKE und ÖDP.

3. Freiräume in den Alpen schützen – Erhalt des Bayerischen Alpenplans

Die Aufschrift Stop steht im Schnee des Riedberger Horns | © LBV © LBV
Schutzzonen in den Alpen müssen erhalten bleiben
  • Den Erhalt des Alpenplans haben auch SPD, GRÜNE, FDP, LINKE und ÖDP in ihren Wahlprogrammen.
  • Die Forderung nach Rücknahme der Neuzonierung am Riedberger Horn unterstützen SPD und GRÜNE.
  • Die Forderung nach Artenschutzmaßnahmen für das Birkhuhn am Riedberger Horn findet sich in keinem der Wahlprogramme.
  • Die Forderung keine Beschneiungsinfrastruktur zu fördern, teilen GRÜNE und ÖDP

4. Staatlichen Naturschutz stärken – mehr Stellen für eine effektive Naturschutzarbeit

  • Die CSU will die bayerischen Naturparke mit Naturparkzentren und Naturparkrangern stärken
  • Die FDP will neben konkreten Maßnahmen im Umweltschutz auch die Institutionen stetig verbessern. Daher schlägt sie vor, die Stelle einer Ombudsperson für zukünftige Generationen am Bayerischen Landtag einzurichten. Diese Person soll bewerten, ob ein Gesetz den künftigen Generationen hilft.

 

  • Die konkreten Forderungen des LBV sind in keinem der Wahlprogramme enthalten.

5. Heimat erhalten – Flächenverbrauch eingrenzen

Kräne stehen an einer Baustelle. Es wird eine Brücke gebaut | © Andreas Hartl © Andreas Hartl
  • CSU, SPD und FDP wollen, dass Nachverdichtung Vorrang vor Neubau hat.
  • Die CSU will dauerhafte Entsiegelung finanziell fördern.
  • Die LINKEN fordern den Rückbau versiegelter Flächen.
  • Die Forderung den Flächenverbrauch auf 5ha/Tag zu begrenzen teilen GRÜNE und ÖDP.
  • SPD teilt die Forderung nach einer Lockerung des Anbindegebots.
  • Gegen den Bau einer dritten Startbahn am Flughafen München sind SPD, Freie Wähler, GRÜNE, LINKE und ÖDP
  • Für den Bau einer dritten Startbahn ist die FDP.

6. Raum für Wildnis durch große Schutzgebiete – ein 3. Nationalpark für Bayern

  • Für die Einrichtung eines dritten Nationalparks sind SPD, GRÜNE, LINKE und ÖDP.
  • Für GRÜNE, LINKE und ÖDP sind auch mehrere neue Nationalparks denkbar.
  • SPD und GRÜNE teilen die Forderung nach Einrichtung neuer Schutzgebiete.

7. Unserer Natur eine Zukunft geben – Umweltbildung fördern

  • CSU und GRÜNE unterstützen die Forderung nach einer Förderung von Umweltbildung.
  • Die konkreten Vorschläge des LBV dazu finden sich so in keinem der Wahlprogramme wieder.

Zusammenfassung:

Darüber, dass weiterer Handlungsbedarf besteht, um das Artensterben in Bayern zu stoppen und die Biodiversität zu schützen besteht weitestgehend Konsens unter den Parteien. Alle untersuchten Parteien haben das Thema Naturschutz in ihren Wahlprogrammen (bzw. für die CSU im Regierungsprogramm) aufgenommen.

Große Aufmerksamkeit erhält das Thema bei SPD, GRÜNEN, LINKEN und ÖDP. Die GRÜNEN als Partei, dessen Kernthema der Naturschutz ist, haben eine Reihe an konkreten Forderungen aufgestellt und schlagen in ihrem Aktionsplan zahlreiche Maßnahmen vor. Dort finden sich auch sehr viele der Forderungen des LBV wieder. Auch die SPD hat viele der Forderungen des LBV in ihrem Wahlprogramm übernommen. Es finden sich dort fast alle Themen des LBV wieder.

Die LINKEN gehen an vielen Stellen, wie beispielsweise der Frage nach einem neuen Nationalpark, noch über die Forderungen des LBV hinaus. Auch sie decken einen Großteil der Themen des LBV in ihrem Wahlprogramm ab. Ebenso verhält es sich bei der ÖDP, in deren Wahlprogramm sich zahlreiche der LBV-Forderungen finden lassen.

Die CSU hingegen hat kaum konkrete Maßnahmen zum Naturschutz in ihrem Regierungsprogramm. Möglicherweise wird das Wahlprogramm, das Mitte September 2018 veröffentlicht werden soll, hier detaillierter sein.

Die FREIEN WÄHLER haben Positionen zu den Kernpunkten des LBV, wenn sie auch durch den stichpunktartigen Aufbau des Wahlprogramms knapp gehalten sind. In manchen Punkten, wie bei der Frage nach der dritten Startbahn am Münchner Flughafen, stimmen die FREIEN WÄHLER mit dem LBV überein. Für die FDP ist neben der Ökonomie auch die Ökologie von Bedeutung und so kommt das Thema Naturschutz auch in ihrem Wahlprogramm vor. AfD und Bayernpartei behandeln Naturschutz nur am Rande.

Die Themen und teils auch die konkreten Forderungen des LBV haben durchaus Eingang in die Wahlprogramme einiger Parteien gefunden. Dennoch gilt es für den LBV weiterhin seine Interessen mit Nachdruck zu vertreten und sowohl die Oppositions- als auch die Regierungsparteien detailliert und qualifiziert zu beraten, damit die Forderungen des LBV auch tatsächlich ihren Platz auf der politischen Agenda finden.

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