VOGELSCHUTZ 1-21
VOGELSCHUTZ 1|21 35 FOTOS: DR. OLAF BRODERS, ANNELORE SCHNEIDER, © BAYERISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR UMWELT UND VERBRAUCHERSCHUTZ (2) „Jedes Gebiet für sich ist ein wichtiger Trittstein“ LBV: Wie bewerten Sie die Wirksam- keit des Netzwerks von Schutzgebie- ten in Bayern? Thorsten Glauber: Trotz der vielfälti- gen Herausforderungen durch die Co- rona-Pandemie zeigt sich: Das Interes- se am Schutz von Natur und Umwelt ist ungebrochen. Heimat ist aber nur mit gesunden Lebensgrundlagen lebens- wert. Dabei spielt das Netz an Schutz- gebieten eine entscheidende Rolle. Insgesamt rund 13 Pro- zent der Landesfläche stehen unter besonde- rem Schutz. Wir brau- chen diese Flächen, um unser großes ge- meinsames Ziel zu er- reichen: Wir wollen den Rückgang der Artenvielfalt stoppen. Wie will die bayerische Staatsregierung dafür Sorge tragen, dass Lebensräume und Arten mit schlechtem Erhaltungs- zustand, z.B. artenreiche Wiesen, wie in einem aktuellen EU-Vertragsverlet- zungsverfahren angesprochen, besser geschützt werden? Flächenschutz ist Zukunftsschutz. Für den Schutz herausragender Gebiete gibt es eine Vielzahl von rechtlichen Möglichkeiten, von den Ebenen der EU über das Bundesrecht bis hinein in die Länder. Aber Naturschutz lebt vor al- lem von konkreten Umsetzungsmaß- nahmen und Projekten. Dazu haben wir ein umfassendes Programm für biologische Vielfalt in der Fläche auf- gelegt und deutlich mehr Personal. Unsere Schutzgebiete spielen dabei eine zentrale Rolle. Was ist Ihr persönliches Ziel im Hin- blick auf Schutzgebiete in Bayern? Um die Artenvielfalt zu stärken, wollen wir blühende Bänder durch das Land ziehen. Ich stelle mir ein blühendes Netz an Schutzgebieten quer durch Bayern vor. Unser Ziel ist eine noch bessere Vernetzung der Lebensräume. Jedes Gebiet für sich ist ein wichtiger Trittstein für viele Tiere und Pflanzen. Hinzu sollen blühende Bänder entlang der Straßen- und Waldsäume sowie der Gewässerrandstreifen kommen. In diesem Jahr starten wir dazu ein neues Gewässer-Aktionsprogramm. Mit dem Programm schaffen wir grüne Ränder für blaue Bänder. Wir wissen, dass Sie von unseren bei- den Nationalparken begeistert sind. Was ist für Sie das Besondere an die- sen Nationalparken? Begeisterung ist das richtige Wort! Unsere Nationalparke im Bayerischen Wald und in Berchtesgaden sind groß- artige Erfolgsgeschichten und wahre Schätze der Artenvielfalt. Das grüne Herz Niederbayerns und ein Juwel in den Alpen. Ich kann allen Natur- freunden nur emp- fehlen, sich selbst vor Ort davon zu überzeugen. Mei- ne Bitte: unter Einhaltung der Pandemie-Regeln. Die Natur dankt es Ihnen! Der Nationalpark Bayerischer Wald feierte 2020 sein 50-jähriges Jubiläum. Er ist damit Deutschlands erster Nationalpark. Wir werden ihn nochmal erweitern und damit den größten deutschen Wald-National- park schaffen. Welche Rolle spielen Gebietsbetreu- er*innen und Biodiversitätsbera- ter*innen in Schutzgebieten? Wir wollen ein neues Zeitalter beim Ar- ten- und Lebensraumschutz einläuten. Dabei ist es wichtig, die Menschen mit- zunehmen, mit guter Kommunikation und Beratung vor Ort. Diese Aufgaben werden vorbildlich durch unsere Ge- bietsbetreuerinnen und -betreuer so- wie unsere Biodiversitätsberaterinnen und -berater wahrgenommen. Die Ge- bietsbetreuung ist in Bayern ein wichti- ger Bestandteil der Naturschutzarbeit und wird seit 2002 mit Förderung des Bayerischen Naturschutzfonds erfolgreich umgesetzt. Das Aufga- benfeld umfasst schwerpunktmäßig akzeptanzfördernde Maßnahmen, Besucherlenkung, Umweltbildung, Ar- tenschutzprojekte sowie Monitoring und fachliche Beratung. Aktuell gibt es bayernweit 56 Gebietsbetreuungs- Projekte. Hier werden vielfältige neue Impulse in der Naturschutzarbeit vor Ort gesetzt. Ich freue mich über jede Stelle, die neu dazukommt. Für die Bio- diversitätsberatung an den Landrats- ämtern und für die Koordination an den Regierungen hat der Bayerische Landtag bereits insgesamt 50 neue Stellen geschaffen. Gerade die Natura 2000-Schutzge - biete werden nur durch eine unspe- zifische Verordnung geschützt. Wie können auch vor dem Hintergrund der erhöhten Besucherzahlen und dadurch verursachten erheblichen Be- einträchtigungen von Schutzgebieten in Corona-Zeiten Schutzgebiete auch hoheitlich besser geschützt werden? Die Corona-Pandemie zeigt eindrucks- voll, wie wichtig die Natur als Erho- lungsraum für die Menschen ist. Wir tragen gemeinsam die Verantwortung für ihren Schutz. In der Natur gilt es, Acht zu geben und sich respektvoll in besonders sensiblen Landschaften zu verhalten. Wenn alle mithelfen, ist der Nutzen viel größer als durch gesetz- liche Verbote. Mit einer Kombination aus effektiver Besucherlenkung und guter Vorbereitung durch die Freizeit- nutzer können wichtige Lebensräume und gefährdete Tier- und Pflanzen - arten geschützt werden. Darüber hi- naus sind die Natura 2000-Gebiete in Bayern durch die Natura 2000-Ver - ordnung rechtlich gesichert. In Kom- bination mit den Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes und den Managementplänen bestehen die not- wendigen rechtlichen Instrumente, um den Schutz der Gebiete und der darin vorkommenden Tier- und Pflanzenar - ten zu gewährleisten. Was ist Ihr Lieblingsschutzgebiet in Bayern und warum? Mein Herz schlägt für das Walberla, den Berg der Franken bei mir im Land- kreis Forchheim. Hier bin ich in den Streuobstwiesen groß geworden, hier liegt heute noch meine Jogging-Stre- cke. Mehr Natur geht kaum!
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