VOGELSCHUTZ 1-21
14 VOGELSCHUTZ 1|21 T H EMA Chiemsee Er ist mit über 8.000 ha der drittgrößte See Deutschlands. Die Tiroler Achen mündet von Süden kommend in den See und bildet das einzige sich natürlich entwickelnde Binnen- delta Mitteleuropas. Auch der Chiemsee ist ein internatio- nales Drehkreuz des Vogelzuges. Neben mehreren zehn- tausend überwinternden Wasservögeln kommen in den typischen Lebensräumen – großflächige Schilfzonen, Sand- und Kiesbänke, ufernahe Streuwiesen, Kalkflach - moore sowie reich strukturierter Auwald – eine große Anzahl an Brutvögeln sowie teils sehr seltene und bedroh- te Tier- und Pflanzenarten vor. Auch hier gibt es ein aus - gefeiltes Ruhezonenkonzept, welches bedingt funktioniert. Ein freiwilliger Befahrungsverzicht wird meist eingehalten. FOTOS: DR. OLAF BRODERS, DR. CHRISTOPH MONING, CHRISTOPH BOSCH Starnberger See Durch seine Tiefe (maximal 128 m, 53 m im Mittel) und einer im Verhältnis dazu geringen Oberfläche hat der See ein hohes thermisches Speichervermögen. Er friert deshalb seltener zu als andere Voralpenseen und dient wäh- rend längerer Kälteperioden als Ausweichge- wässer. Während im Mai kaum 1.500 Wasservö- gel den See bevölkern, sind es in den Herbst- und Wintermonaten bis zu 25.000 Vögel (Blässrallen, Tafelenten, Schellenten und andere). Ringfunde belegen, dass die Vögel aus Skandinavien, dem Baltikum, aus Weißrussland, von der Eismeerküs- te Westrusslands und aus den Weiten Sibiriens aus über 4.000 km Entfernung kommen. Sogar seltene Seetaucher wie Stern- und Prachttaucher sind darunter. Nach dieser anstrengenden Reise müssen die Vögel ihre Fettreserven wieder auffüllen, um den Winter zu überstehen und fit zu sein für den Zug zurück in die Brutgebiete. Da auch hier die Jagd und Wassersportaktivitäten gemeinsam für massive Störungen sorgen, wurde schon in den 1990er Jahren die Forderung nach Ruhezonen für überwinternde Wasservögel laut. Das LfU erarbeitete in Folge ein Konzept, das aber bis heute nicht umgesetzt wurde. Bahnbrechend waren daher die freiwilligen Vereinbarungen zu „Wassersport und Vogel- schutz“, für die sich der LBV Starnberg viele Jahre einsetzte und die 1997 mit dem Umweltministerium, dem Bayeri- schen Seglerverband (BSV) und dem Bayerischen Ruderver- band geschlossen wurden. Weitere Unterstützung kam von den Werftbesitzern und Berufsfischern des Starnberger Sees. Diese gute Kooperation währt bis heute und wird von der Gebietsbetreuerin Dr. Andrea Gehrold gepflegt und er - weitert, die dabei mit den neu hinzugekommenen Wasser- sportlern – den verbandlich organisierten Stand-Up-Padd- lern (SUP) – zusammenarbeitet. Bei den Ruhezonen geht es um ein Konzept aus zeitlich-räumlichen Begrenzungen, so- dass in bestimmten Monaten in bestimmten Gebieten Stö- rungsfreiheit für die Vögel gewährleistet werden kann. Über lange Zeiten des Jahres und auf 96 Prozent der Seefläche ist die Nutzung nicht eingeschränkt. Auf diese Weise kann die Ramsar-Prämisse, der wise use (dt. sinnvolle Nutzung) leben- dig werden. Die Tafelente (hier: Erpel) hat einen höheren Pflan- zenanteil auf dem Speiseplan als andere Tauchenten. Einige hundert Schellenten (hier: Weib- chen) überwintern am Starnberger See. Der Haubentaucher ist ganz- jährig bei uns zu beobachten.
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