VOGELSCHUTZ 3-18

14 VOGELSCHUTZ 3|18 Wie ist es der bayerischen Natur ergangen? Zum Jubiläum sieht es beim Naturschutz und Erhalt unserer Heimat düster aus. Nur ein radikaler Umbau des Agrarsystems und ein ver- änderter Konsum können die weitere Zerstörung noch bremsen. Der LBV-Ehrenvorsitzende Ludwig Sothmann zieht Bilanz. DAS BRUMMEN DARF NICHT VERSTUMMEN In 100 Jahren Freistaat hat die Natur in Bayern viel Lebenskapital verloren T H EMA ie Mischung aus Bergen, Seen, Hügeln, Wäldern, Fluss- und Kulturlandschaften macht den Freistaat zum beliebtesten Ferienbundesland und lässt die Menschen gern hierherkommen und leben. Doch ist Bayern heu- te auch ein guter Standort für Pflanzen und Tiere? Die Rahmenbedingungen für den Schutz der Naturgüter wären zumindest gut, ja in Teilbe- reichen hat Bayern sogar Naturschutzgeschich- te geschrieben. Es war das erste Bundesland, welches das Reichsnaturschutzgesetz der Natio­ nalsozialisten durch ein modernes, ökologisch ausgerichtetes Naturschutzgesetz ablöste. Minis­ terpräsident Alfons Goppel schuf 1970 das erste Umweltministerium Europas. Im selben Jahr ent- stand der erste deutsche Nationalpark im Bay­ erischen Wald, der 1997 auf gut 24.000 Hektar erweitert wurde. Der Naturschutz hat in Bayern heute Verfassungsrang (Art. 141). 1982 wurde der Bayerische Naturschutzfonds eingerichtet, der durch seine Förderpraxis im Arten- und Le- bensraumschutz Hervorragendes leistet. Seit 2014 verfügt Bayern über ein sehr gut konzi- piertes Biodiversitätsprogramm. Der Bayerische Wald – erster bayerischer Nationalpark D Doch in der Praxis fällt die ökologische Bilanz bescheiden aus. Die mancherorts noch vorhandene Schönheit unserer Landschaft lässt vergessen, wie dramatisch schlecht es um die Vielfalt an Arten und Lebensräumen in Bayern bestellt ist. Riesige Wei- zen- und Rapsfelder und Maisäcker in der Größe mehrerer Fußballfelder haben die einstige Lebens- vielfalt in eine Produktionsödnis verwandelt. Ein seit Jahrzehnten laufender Prozess, den die Industrie befeuert und der laufend weiteres Leben kostet. Wo sind die blühenden Wiesen geblieben, die Kiebitze, die Rebhühner? Aus dem gewaltigen Früh- lingskonzert der Feldlerchen ist, wenn überhaupt, der Gesang weniger Solisten geworden. Mit dem fortschreitenden Insektensterben sind auch in Ba- yern Bienen zum unübersehbaren Indikator des Niedergangs unserer natürlichen Lebensgrundla- gen geworden. Menschen beginnen zu verstehen, dass mit dem Verschwinden der Insekten auch gi- gantische wirtschaftliche Schäden im Bereich der Lebensmittelproduktion drohen. Die unabhängige Nationale Akademie der Wis- senschaften Leopoldina in Halle brachte es kürzlich mit der Studie „Der stumme Frühling – zur Notwen-

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