VOGELSCHUTZ_1_18

SCHWACHES ZWISCHENZEUGNIS In der im April 2017 von Bundesumweltministerium und Umweltbundesamt veröffentlich- ten Umweltbewusstseinsstudie 2016 haben fast 90 Prozent der Befragten geäußert, dass sie den Rückgang der Artenvielfalt als bedrohlich empfinden. Dies sollten alle Verantwort- lichen als verbindlichen Auftrag empfinden, die aktuelle Entwicklung umzukehren. Der LBV fordert deshalb von der Bayerischen Staatsregierung mehr Engagement bei der Umsetzung der im April 2008 verabschiedeten Biodiversitätsstrategie. Denn die Bilanz nach zehn Jahren fällt bislang eher dürftig aus. m November 2007 beschloss die Bundesregierung eine „Nationale Strategie zur Biologischen Vielfalt“, die insgesamt rund 330 Ziele und 430 Maßnahmen zu allen biodiversitäts- relevanten Themen enthält. Am 1. April 2008 reagierte der Bayerische Ministerrat darauf mit der Bayerischen Biodiver- sitätsstrategie unter dem Motto „Natur.Vielfalt.Bayern“. Diese wurde im Juli 2014 in dem „Biodiversitätsprogramm Bayern 2030“ fortgesetzt, um ihr neue Schubkraft zu geben. Der Be- schluss zur Strategie erfolgte in enger Zusammenarbeit mit betroffenen Ver- bänden und Institutionen, vor allem der Landnutzer und Grundeigentümer, ohne konkrete Zielvorgaben zu machen. Und hier ist auch ein wichtiger Un- terschied zur nationalen Strategie zu sehen: So sollen beispielsweise in Ba- yern bis 2020 „möglichst viele“ Bestände der FFH-Lebensraumtypen und anderer Schutzgüter einen günstigen Erhaltungszustand aufweisen. Der stets verfolgte bayerische Weg der größtmöglichen Freiwilligkeit unter ge- ringstmöglichen Nutzungseinschränkungen erlaubt Konkre- tisierungen nur in begrenztem Maße. Die Erfahrung zeigt je- doch, dass sich Biodiversität manchmal nur durch hoheitliche Schritte erhalten lässt. Auch artenreiche Wiesen, als einer der heute am stärksten bedrohten Lebensräume, werden sich durch reine Freiwillig- keit nicht bewahren lassen. Seit 2014 ist der Grünlandum- bruch in Bayern zwar genehmigungspflichtig. Erforderlich wäre aber ein konsequentes Grünlandumbruchverbot. Die betroffenen Landnutzer sollten zudem attraktive Prämien im Rahmen der Agrarumweltprogramme erhalten, um diese Wiesen in ihrer Qualität zu sichern. Ein wichtiger Schritt dazu ist, dass der Begriff Biodiversität in das bayerische Kulturland- schaftsprogramm (KULAP) aufgenommen wurde. Um die KU- LAP-Förderung zu erhalten, müssen auf einer ausgewählten Grünlandfläche vier Pflanzenarten einer Kennartenliste vorkommen. Ob er dies beispielsweise durch weniger Düngung oder weniger Schnitte erreichen will, kann der Landwirt selbst entscheiden. Diese Entwicklung ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, denn was zählt, ist das Ergebnis. Gleichwohl wird sich so nur eine „Grundsicherung“ erzielen las- sen. Die Bewirtschaftung muss vor allem in den wertvollsten Gebieten an die standortspezifischen Erhaltungsziele ange- passt werden. Hierzu ist eine fachlich kompetente Beratung der Bewirtschafter nötig, die derzeit noch fehlt. Ein anderes Beispiel ist die Schaffung von Wildnisgebieten. Während bundesweit ein Anteil von mindestens zwei Prozent der Landesfläche das Ziel ist, heißt es in der bayerischen Stra- tegie nur, dass sich „die Natur auf geeigneten Flächen Bayerns wieder […] ungestört entwickeln soll“. Nach dem Willen der Bundesregierung sollen dazu fünf Prozent aller Wälder (Zehn Artenreiche Wiesen sind einer der am stärksten bedrohten Lebensräume Zehn Jahre Biodiversitätsstrategie Bayern N A T U R S C HU T Z P O L I T I K 32 VOGELSCHUTZ 1|18 In alten Laubwäldern mit hoher Strukturviel- falt, wie hier im Spessart, muss sich Wildnis entwickeln dürfen. Dann können dort auch eigentliche Urwaldarten überleben. I

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