VOGELSCHUTZ_1_18

ERFOLGREICHES COMEBACK Trotz des voranschreitenden Artensterbens gibt es Hoffnung: In den vergangenen 50 Jahren haben sich die Bestände mehrerer, in Europa fast ausgerotteter Tierarten dank intensiver Naturschutzbemühungen deutlich erholt. Neben Weißstorch und Wanderfalke ist die Wiesenweihe eine echte LBV-Erfolgsgeschichte. Wir haben uns mit Ralf Krüger , Wiesenweihen-Schüt- zer der ersten Stunde, darüber unterhalten. VOGELSCHUTZ: Die Wiesenweihe galt in den 1990er Jahren in Bayern als so gut wie ausgestorben. Umso erstaunlicher, dass sie in der jüngsten Roten Liste von 2016 nicht mehr in den Gefährdungskatego­ rien, sondern nur noch als „extrem seltene“ Art gelistet ist. Sie haben diese Entwicklung von der „Stunde null“ an begleitet. Wie war das möglich? Ralf Krüger: Seit den 1980er Jahren wurden in Frankreich infolge des Verlustes der Naturhabitate immer mehr Wiesenweihen zu Getreidebrütern. 1994 tauchten erstmals zwei Nester in Getreide- feldern in Franken auf. Seitdem führte der nahezu lückenlose Schutz der Bruten zu einem stetigen, steilen Anstieg des Bestandes in Bayern. VS: Welche Schlüsselfaktoren haben diesen großen Erfolg ermöglicht? Krüger: Es ist dem intensiven ehrenamtlichen Ein- satz und Schutz zu verdanken, denn die überwie- gende Mehrzahl der Bruten würde nicht vor der Getreideernte ausfliegen und die Jungvögel durch die Mähdrescher sterben. Auch haben uns von An- fang an praktisch alle Landwirte unterstützt, und zwar selbst zu den Zeiten, als es noch keine Ent- schädigung gab. Seit Einführung des Artenhilfspro- gramms (AHP) sichert der Freistaat die Entschädi- gung der Landwirte. VS: Und wo stehen wir heute im Wiesenweihen­ Schutz in Bayern? Krüger: Wir haben eine um 200 Paare schwanken- de Kernpopulation in Franken. Ferner gibt es Teilpo- pulationen imNördlinger Ries und imGäuboden so- wie Einzelpaare in anderen Gebieten Bayerns, etwa im oberbayerischen Donaumoos. Die Lage ist also sehr erfreulich, aber es gibt keine Garantie für die Zukunft. Potenzielle Gefahren drohen beispielweise durch die Verknappung des Nahrungsangebots, die Verschlechterung des landwirtschaftlichen Lebens- raums durch Rückgang bestimmter, früh wachsen- der Wintergetreidesorten sowie durch den Wandel vom Getreide- zum Gemüseanbau. Innerhalb des speziellen Vogelschutzgebiets nahe Würzburg sind die Bestände schon leicht rückläufig. VS: Bayerische Wiesenweihen wurden schon in halb Europa gesichtet. Strahlt der Erfolg des baye­ rischen Artenhilfsprogramms auch über Bayerns Grenzen hinaus aus? Krüger: Neben einem Vorkommen in Katalonien ist die bayerische Population die meines Wissens einzige Population West- und Mitteleuropas, die als Quellpopulation viele Jungvögel „nach außen“ ab- gibt. Bayerische Wiesenweihen haben schon in Po- len, Tschechien, in Österreich, Belgien, Frankreich und anderen Gebieten innerhalb Deutschlands gebrütet. 12 VOGELSCHUTZ 1|18 Interview zur Rückkehr der Wiesenweihe Ralf Krüger: Vor- standsmitglied und Aktiver in der Kreis- gruppe Würzburg. Männliche Wiesenweihe auf einer Baumumzäunung. Diese dient ihr als Ansitz. Das Wiesenweihen-Weibchen zusam- men mit seinem Nachwuchs unweit seines Nestes im Getreidefeld. T H E MA

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