LBV magazin 2-25

24 LBV MAGAZIN 2|25 FOTOS: KLAUS STAMPFER (3), FRANZISKA BACK REPORTAGE hause entfernt. Die Datenflut wächst rasant: Allein im Jahr 2020 sammelt er 746.788 Datensätze – 56,476 Megabyte an reinen Zahlen und Messwerten. Dazu kommen Videos mit einer Gesamtlänge von über 2.000 Stunden, die auf 7,11 Terabyte Speicherplatz liegen. Hunderte Stunden verbringt der Tüftler damit, all diese Informationen zu sichten und auszuwerten. Und es lohnt sich. Denn zwischen all den Zahlen und Bildern verbergen sich echte Schätze. Einmal beobachtet Klaus Stampfer eine Blaumeise, die ihrem Jungtier eine Feder ins Schnäbelchen schiebt – Futter oder Versehen? Eine Antwort darauf hat bisher niemand. Besonders faszinieren ihn auch die Stare in seinem Garten, deren Liebesleben ihn immer wieder staunen lässt. „Das Männchen macht dem Weibchen ein richtiges Brautgeschenk in Form eines Blumenstraußes“, erzählt er. Tatsächlich stibitzen die gefiederten Verehrer die schönsten Blüten aus dem Garten, um ihre Auserwählte von sich – und dem gemeinsamen Heim – zu überzeugen. Eine ganze Bilderreihe hat Klaus Stampfer davon. Momente wie diese zeigen ihm immer wieder: Selbst nach all den Jahren gibt es in der Welt der Vögel noch Überraschendes zu entdecken. Vom Hobby zur Langzeitstudie Doch Stampfers Arbeit geht längst über faszinierende Einzelbeobachtungen hinaus. Durch die vielen Jahre akribischer Datenerfassung kann er auch Veränderungen und Trends erkennen. „Was ich mit einer gewissen Sicherheit sagen kann ist, dass die Vögel im Biotop früher mit der Brut beginnen als im Garten“, sagt er. Unzählige Diagramme aus den vergangenen Jahren untermauern diese Beobachtung. Damit er die Daten gezielt auswerten kann, hat er sogar eine eigene Software geschrieben. Eine weitere Erkenntnis aus den gesammelten Zahlen: Die Stare in seinem Garten fangen jedes Jahr ein wenig früher mit der Brut an. Doch um solche Entwicklungen wirklich sicher belegen zu können, braucht es mehr Daten. Klaus Stampfer wünscht sich daher, dass auch andere Hobbyforscher oder Ornithologen auf den Geschmack kommen und zu Nistkasten-Detektiven werden. „Es wäre toll, wenn andere so etwas auch beobachten und melden“, sagt er. Denn je mehr Menschen mitforschen, desto klarer wird das Bild vom Leben der Vögel und von möglichen Veränderungen. Auch wenn Datenerfassung eine nüchterne Angelegenheit sein mag, bleibt sie für Klaus Stampfer nicht ohne Emotionen. Besonders dann nicht, wenn ein Vogelpaar seine Brut aufgibt. Tagelang beobachtet er, wie die Eltern ihre Jungen füttern, wärmen, umsorgen – und dann plötzlich nicht mehr zurückkehren. Solche Momente berühren ihn. Aber auch hier hilft der Blick in die Zahlen: Über die Erfolgsrate bei der Brut und die Gründe für deren Aufgabe führt er akribische Aufzeichnungen. Von 2013 bis 2021 dokumentierte er insgesamt 34 Kohlmeisen-Bruten mit 274 gelegten Eiern. 251 Küken schlüpften, doch nur 145 (57,77 Durchschnittlicher Verbrauch an Meisenknödeln pro Tag (Mittel der Jahre 2015–2024) Stück Meisenknödel pro Tag 0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,2 1,4 1,6 Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez Futter für Daten: Dank Kameras entgeht Klaus Stampfer auch am Futterhaus kein Schnabelgriff. Einblick ins Liebesleben der Stare: blumiges Brautgeschenk fürs Weibchen Rätselhafte Szene: Eine junge Blaumeise wird mit einer Feder gefüttert. Mieterwechsel im Nistkasten: Eine Siebenschläferfamilie zieht ein.

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