10 LBV MAGAZIN 2|25 THEMA DR. NORBERT SCHÄFFER LBV-VORSITZENDER Ich werde oft gefragt, welches mein Lieblingsschutzgebiet ist. Keine einfache Frage, aber es ist wohl das Natura 2000- und Naturschutzgebiet Murnauer Moos. Gelegen am Alpenrand, traumhafte Landschaft, vollgepackt mit spannenden Tier- und Pflanzenarten, auf riesiger Ausdehnung, in der Vergangenheit immer wieder durch Eingriffe bedroht, aber von Naturschützerinnen und Naturschützern mit großer Leidenschaft verteidigt – zweifelsohne einer der schönsten Flecken des Freistaats. Für mich am schönsten ist das Murnauer Moos bei einer Wanderung im Frühjahr unmittelbar nach Sonnenuntergang. Mit etwas Glück lassen sich dann der peitschenknallartige Ruf von Tüpfelrallen oder die Geräusche von Bekassinen bei der Flugbalz hören. Unübertroffen aber sind die knarrenden, monotonen Rufreihen (technisch korrekt eigentlich ein Gesang!) von Wachtelkönigmännchen. Gerade diese Vogelart hat es mir besonders angetan, war sie doch in vielerlei Hinsicht so wichtig in meinem Leben – wie auch beschrieben in der Dokumentation Vogelperspektiven. Gärten der Wildnis – statt Gärten des Grauens Der schönste und für mich persönlich wichtigste Ort überhaupt aber ist unser eigener Garten. Wir haben das große Privileg und Glück, einen Garten an unserem Haus zu besitzen. Und diesen haben wir in den vergangenen Jahren nur im Hinblick auf Biologische Vielfalt und Wildnis optimiert. Wenn wir zuhause sind, was ohnehin relativ selten vorkommt, und auf der Terrasse sitzen und den balzenden Staren auf den acht (!) besetzten Starenkästen zusehen können, ist das für mich Glück pur. Wie kleine Angeber versuchen Starenmännchen, erkennbar an der hellblauen Schnabelwurzel, mit viel zu großen Halmen als Nistmaterial Weibchen, erkennbar an der rosa Schnabelwurzel, zu beeindrucken. Wenn das nichts hilft, lassen Starenmännchen, um die Aufmerksamkeit von Weibchen zu erhalten, gesammelte Blütenblätter vom Dach der Kästen nach unten fallen. Ein wunderbares Schauspiel! Begeistert bin ich jedes Jahr im Juli, wenn ich von meiner Frau eine Textnachricht erhalte mit den Worten: „Ich habe eine junge Eidechse im Garten gesehen!“ Zugegeben, hier braucht es viele dornenreiche Sträucher, um Katzen fernzuhalten. Was ich gerne hätte, was aber bei uns noch nicht vorkommt, sind Nashornkäfer, wie auf der Titelseite dieser Ausgabe zu sehen. Immer wieder höre ich von Gartenbesitzerinnen und -besitzern, dass sie Nashornkäferlarven im Kompost gefunden haben. Was bei uns noch nicht ist, kann ja noch werden. Auszeichnung „Vogelfreundlicher Garten“ Nicht alle Menschen finden unseren Garten gepflegt oder ästhetisch. Über Geschmack lässt sich ja bekanntlich streiten. Dass unser Garten aber voller Leben ist, steht unbestritten fest. Bestätigt wurde dies auch durch die Auszeichnung „Vogelfreundlicher Garten“, die der LBV und das Umweltministerium Bayern nach strengen Kriterien verleihen. Wir sind stolz auf unseren Garten und freuen uns tagtäglich über unser ganz persönliches kleines Stück Wildnis vor unserer Haustüre. EU-Renaturierungsverordnung Die im vergangenen Jahr verabschiedete EU-Renaturierungsverordnung ist ein Meilenstein und großer Erfolg für den europäischen Naturschutz. Sie hat jedoch auch große Diskussionen und sogar Befürchtungen zu Kosten und Eingriffen ins Eigentum ausgelöst. Wir haben uns diese Verordnung genauer angesehen: Sie schafft Verbindlichkeit für viele bereits bestehende Verpflichtungen aus Strategien und Abkommen und legt Zeithorizonte für die Erreichung von Zielen fest. Vieles, was in Bayern ohnehin schon Ziel ist, zahlt dabei unmittelbar in die EU-Renaturierungsverordnung ein: So will Bayern bis zum Jahr 2040 bayernweit 55.000 Hektar Moore wiedervernässen. Auch ist im Koalitionsvertrag zwischen CSU und Freien Wählern festgelegt, STANDPUNKT Wildnisgarten Lebensglück im Wir erwarten ein klares Bekenntnis zum Schutz betroffener Arten
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