LBV magazin 1-25

LBV MAGAZIN 1|25 39 FOTOS: AL-U-MA - STOCK.ADOBE.COM, SYLVIA WEBER (5), RUDOLF WITTMANN Mut zur Lücke“ – so lautet das Motto des Vogels des Jahres. Der Hausrotschwanz und andere Vögel suchen sich Mauerritzen und Öffnungen an Gebäuden, um ihre Nester zu bauen. Nicht immer ist das für uns Menschen ideal, etwa wenn die Amsel ihre Jungen direkt unter dem Pergola-Dach der viel genutzten Terrasse aufzieht, der Specht mit seinem kräftigen Schnabel die Holzverkleidung zerlegt und in der Wärmedämmung seine Höhle baut oder der Hausrotschwanz die Zeitungsröhre besetzt. Um Vögel an einen bestimmten Ort zu locken, kann man unter geeigneten Balken Brettchen als Nisthilfen anbringen, Totholz im Garten stehen lassen oder eben ein Kistchen für die Zeitung aufstellen, damit der Hausrotschwanz ungestört in der Röhre brüten kann. Auch für Baum- und Felsbrüter wie Wanderfalke, Turmfalke, Weißstorch oder Dohle bieten Gebäude geeignete Ersatzquartiere. Im Zuge der Stadterneuerung und -verdichtung und der damit einhergehenden Veränderung unserer Bauweise sowie der Garten- und Parkgestaltung fehlt den Tieren in der Stadt jedoch zunehmend Lebensraum. Vor dem Hintergrund der Energiewende und schwindender Rohstoffe werden Gebäude saniert, um sie energieeffizienter zu machen. Das ist zu begrüßen, kann aber bei unbedachter Umsetzung dazu führen, dass Wildtiere wie Vögel, Fledermäuse und Insekten ihre Nistplätze verlieren. Energieeffizient und tierfreundlich sanieren Bei der notwendigen Dämmung von Fassaden und Dächern gehen leider zu oft bestehende und potenzielle Brutplätze für Vögel verloren. Das muss nicht sein. Bei guter Planung können Nisthilfen für Vögel und andere gebäudebewohnende Tierarten wie Fledermäuse oder Bienen in die Dämmung integriert werden, ohne deren Dämmeigenschaften zu beeinträchtigen. Auch Verschmutzungen durch brütende Vögel können durch das Anbringen von Kotbrettern vermieden werden. Bei Sanierungsmaßnahmen sind zudem die Nist- und Brutzeiten zu beachten, da eine Störung der Tiere einen Verstoß gegen deutsches und europäisches Naturschutzrecht darstellt (in Deutschland: Bundesnaturschutzgesetz §44). Ist es bei Maßnahmen unumgänglich Brutplätze zu entfernen, so ist die zuständige Naturschutzbehörde vorher einzubeziehen, und als Ausgleich sind geeignete neue Nistmöglichkeiten in der Nähe der alten Brutplätze anzubringen. Freunde kann man sich aussuchen, Nachbarn nicht. Umso schöner ist es, wenn die Nachbarn auch Freunde sind, manche sogar gefiedert. Für die Tiere hat das Leben in enger Nachbarschaft mit uns Vor- und Nachteile. Mit nur kleinen Anpassungen können wir unseren gefiederten Nachbarn bewusst helfen und sie als Freunde behalten. Niststeine in Fassaden In die Fassade integrierte Niststeine sind unauffällig und bieten den Tieren einen attraktiven Lebensraum. Die Niststeine sollten möglichst hoch am Gebäude angebracht werden, im geschützten Traufbereich oder bei Flachdächern an der Attika. Mauersegler zum Beispiel fliegen von Natur aus diesen Bereich an und finden die Nisthilfen dort schnell. Vorteilhaft sind Niststeine, die zur Reinigung geöffnet werden können. Hausputz: Nistmaterial entfernen Neben dem Nistmaterial sammeln sich in den Nestern mit der Zeit Vogelkot, nicht ausgebrütete Eier, Kadaver und Vogelparasiten. Die natürlichen Brutplätze von Mauersegler, Spatz & Co. an Gebäuden werden zwar nie gereinigt, bieten aber mehr Platz und Ausweichmöglichkeiten als die deutlich kleineren Nistkästen. Letztere können deshalb gereinigt werden, wenn z.B. ein Gerüst für Renovierungsarbeiten steht. Dann sind die Bedingungen für die nächste Brutsaison optimal. Es lohnt sich, viele Gebäudebrüter-Quartiere zu schaffen, damit „Reserven“ bis zur nächsten Reinigung zur Verfügung stehen. Fazit Vor allem bei Neubauten kann das Anbringen von Nisthilfen für Vögel und andere Tiere von Anfang an mitgedacht werden und ein gutes Zusammenleben von Mensch und Wildtier gewährleisten. So holt man sich die Natur vor die Haustür und trägt dazu bei, dass unsere Städte und Siedlungen lebenswert bleiben – auch für uns. DR. ANGELIKA NELSON Biologin, LBV-Umweltbildung E-Mail: angelika.nelson@lbv.de Auch Fledermäuse nutzen entsprechende Kästen an der Hausfassade. Haussperlinge brüten gerne in Gesellschaft.

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