LBV magazin 3-24

FOTOS: FRANZISKA WENGER (3) hecken angelegt sowie Obstbäume und Beerensträucher gepflanzt. An zwei Stellen am Hof hatten wir bis zum Volksbegehren noch keine Gewässerrandstreifen, da haben wir jetzt Kleegras angesät. Wo es geht, bleiben umgefallene Bäume liegen und ich lass immer wieder mal einen Streifen stehen. Mir machen die paar Quadratmeter nicht viel aus, aber der Natur schon. Letztes Jahr habe ich zum ersten Mal zwölf Rebhühner auf einem Fleck gesehen! Wir haben einen Blühstreifen zwischen Emmer und Hirse gesät und genau dort waren sie. So was ist schön zu sehen. Wie hast du dich 2019 am Volksbegehren beteiligt? Ein Bekannter kam zu mir und hat mir erste Ideen vorgestellt. Das hat mir gefallen und ich fand die Forderungen auch nicht überspitzt. Wenn man nichts ändert, wird es mit dem Insektensterben weitergehen! Ich hab sogar das Kampagnen-Team gezielt unterstützt, hier auf dem Hof ein paar Videos gedreht und mich als bekanntes Gesicht und mit meinem Wissen eingebracht, so gut ich konnte, und Kontakte vermittelt. Unter Gleichgesinnten und anderen Biobetrieben kam das gut an, andere haben dazu eher geschwiegen. Angefeindet wurde ich deswegen kaum. Hast du damals geglaubt, dass das Volksbegehren so erfolgreich werden wird? Ich war zwar ganz zuversichtlich, aber dass es so erfolgreich werden würde, damit habe ich nicht gerechnet. Ich war wirklich überrascht, dass wir am Ende fast doppelt so viele Stimmen bekommen haben, wie nötig waren. Es war schön, dass das Volksbegehren so viel Anklang in der Bevölkerung gefunden hat! Was hat das Volksbegehren deiner Ansicht nach zum Positiven verändert? Es hat mehr öffentliche Aufmerksamkeit für das Artensterben erzeugt und vielen gezeigt, wie es auch anders gehen kann. Die Welt kann man nicht von heute auf morgen verändern, aber wenn ein paar Leute ein bisschen was verändern, dann hat es schon etwas gebracht. Ein Ziel des Volksbegehrens war die Zunahme des Biolandbaus auf 30 Prozent landwirtschaftlich genutzter Flächen bis 2030. Dies scheint derzeit angesichts des geringen Wachstums nicht erreichbar. Wie müssten sich die Rahmenbedingungen ändern, damit mehr Betriebe die Umstellung wagen? Wir Landwirte lernen heute noch in der Berufsschule: Entweder du wächst oder du weichst. Und solange das so ist, kann man die meisten nur über finanzielle Anreize zur Umstellung anregen. Außerdem haben wir allgemein das Problem, dass Lebensmittel viel zu billig sind. Vor 50 Jahren hat der durchschnittliche Deutsche noch die Hälfte seines Einkommens für Lebensmittel ausgegeben, jetzt sind wir bei weniger als 15 Prozent. Es würde auch etwas bringen, wenn alle Schulen, Krankenhäuser, Kindergärten zu einem bestimmten Teil Bioprodukte in den Kantinen anbieten würden. Da wird schon viel gemacht, aber es ist ganz schwierig, die Großkantinen zu erreichen. Die landwirtschaftlichen Betriebe müssten sich aber auch selber wieder mehr um die Vermarktung kümmern. Man muss sich in gewisser Weise vom Markt und den großen Abnehmern unabhängig machen. Es lohnt sich zu schauen, wie es einst unsere Großeltern gemacht haben, wo das eigene Potenzial und die Stärken des Betriebs liegen. Was muss sich ändern, um Artenvielfalt in der Landwirtschaft zu fördern? Spitzenerträge zu dreschen und auf denselben Flächen Artenvielfalt zu erhalten, das ist sehr schwer. Das ganze konventionelle System ist so aufgebaut, dass sich der billige Weizen nur bei sehr hohen Erträgen rentiert. Wir haben zudem Konsumenten, die billig einkaufen wollen, und eine Politik, die dem Bauern diese Art der Landwirtschaft vorgibt. Wir bräuchten beispielsweise umfassende Bildungsangebote und Seminare für Landwirtinnen und Landwirte zur Förderung der Artenvielfalt und Anreize zur Teilnahme und Umsetzung der Maßnahmen. Vom Volksbegehren erhoffe ich mir, dass es das Konsumverhalten der Menschen verändert. Mittlerweile sind 900 Hühner in drei Hühnermobilen auf dem Billesberger Hof zuhause. Durch Hecken haben die Billesbergers Lebensraum für Vögel und andere Tiere geschaffen. Die Leidenschaft fürs Bäumepflanzen macht sich auch im Hausgarten bemerkbar. LBV MAGAZIN 3|24 23

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