LBV magazin 3-24

LBV MAGAZIN 3|24 15 sowie Verbraucheranreize für Bio-Produkte wären weitere zielführende Maßnahmen, um den Ökolandbau zu fördern. Pestizideinsatz Ein damit eng verbundenes Thema ist die infolge des Volksbegehrens definierte Halbierung des Einsatzes von Pestiziden bis zum Jahr 2028. Laut einem Bericht des Bayerischen Landwirtschaftsministeriums dazu sei der Pestizideinsatz laut Hochrechnungen im Jahr 2022 im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 2014 bis 2018 um 19 Prozent gesunken. Wirklich aussagekräftig ist diese Angabe allein allerdings nicht. Wichtig wäre in diesem Zusammenhang eine Bewertung, die die Giftigkeit der Wirkstoffe berücksichtigt. Der derzeit von der Staatsregierung dafür verwendete Indikator wird in Fachkreisen stark kritisiert, weil er hochwirksame und giftige Pestizide kaum berücksichtigt und durch sinkende Verkaufszahlen von nicht mehr genehmigten Stoffen stark beeinflusst wird. Auch bleibt unklar, wie die Halbierung erreicht werden soll. Um hier eine Wirkung zu erzielen, müssten möglichst große Flächen pestizidfrei oder Kulturen, in denen ein Verzicht auf Pestizide vergleichsweise einfach ist, komplett pestizidfrei bewirtschaftet werden. Auch Pufferzonen um Schutzgebiete würden ökologisch einen großen Mehrwert bringen. Dauergrünland Arten- und strukturreiches Dauergrünland wurde durch das Volksbegehren unter Biotopschutz gestellt. Über die Entwicklung dieses Biotoptyps kann jedoch keine Aussage getroffen werden, da die Biotopkartierung nur schleppend vorangeht und keine ausreichenden Daten liefert. Darüber hinaus wurde durch das Volksbegehren festgelegt, dass zehn Prozent des bayerischen Grünlands erst nach dem 15. Juni gemäht werden sollen. Dieses Ziel wurde 2023 bayernweit erstmals erreicht und ist damit ein Erfolg des Volksbegehrens. Der Gesamtzustand der Wiesen im Freistaat ist jedoch weiterhin schlecht. Die EU hat Deutschland sogar vor dem Europäischen Gerichtshof verklagt, da es blütenreiche Wiesen in Natura 2000-Gebieten nicht ausreichend schützt. Zu frühe und zu häufige Mahd, Düngung und die Umwandlung von Grünland in Siedlungs- oder Ackerflächen gefährden die wertvollen Wiesen. Um artenreiches Grünland zu bewahren, sind Maßnahmen wie spätere Mahd, zeitversetzte Mahd, höhere Schnitthöhen und das Belassen von ungemähten Streifen wichtig. Lichtverschmutzung Ein weiterer Ansatz des Volksbegehrens war die Lichtverschmutzung. So wurden die Kommunen in die Pflicht genommen, die Beleuchtung öffentlicher Gebäude nach 23 Uhr auszuschalten. Eine stichprobenartige Überprüfung bayerischer Innenstädte zeigt, dass die meisten Städte diese Vorgaben einhalten. Die Stichprobe umfasst jedoch keine Gemeinden. Hier ist davon auszugehen, dass die Umsetzung geringer ist als in Städten, da in kleinen Gemeinden die technischen Hürden zur Umsetzung häufig größer sind. Die Reduzierung der Beleuchtung öffentlicher Gebäude ist aber nur ein erster Schritt, um die negativen Folgen der Lichtverschmutzung zu reduzieren. Es kann an vielen weiteren Stellen auf unnötiges nächtliches Kunstlicht verzichtet werden oder die Beleuchtung insektenfreundlich gestaltet werden. Fazit Noch erleben wir im Freistaat keine Trendumkehr beim Verlust der Biologischen Vielfalt. Nach wie vor sind viele Arten gefährdet oder vom Aussterben bedroht, wie die aktuellen Roten Listen gefährdeter Arten darlegen. So gelten laut Roter Liste von 2021 51 Prozent aller Wildbienenarten als gefährdet. Auch der im März 2023 zum ersten Mal veröffentlichte Bericht zur Lage der Natur bestätigt die Dramatik des Verlusts der Artenvielfalt, insbesondere auf Äckern und Grünlandflächen. Insgesamt lässt sich sagen, dass sich in Bayern seit dem Volksbegehren die Voraussetzungen für die Förderung der Artenvielfalt deutlich verbessert haben. Die Ausweitung und Verbesserung der Agrarumwelt- und Naturschutzförderprogramme, die bessere personelle Ausstattung der Naturschutzbehörden sowie Leuchtturminitiativen wie der Bayerische Streuobstpakt wären ohne das Volksbegehren nicht möglich gewesen. Die mediale und politische Aufmerksamkeit, die das Volksbegehren erreicht hat, ist einzigartig und hat zu einem größeren Bewusstsein für das Artensterben in der Bevölkerung geführt. Diese Grundlagen müssen nun genutzt werden, um eine Veränderung in der Landschaft zu bewirken, damit die Maßnahmen, die durch das Volksbegehren initiiert wurden, den Verlust der Biologischen Vielfalt aufhalten. Durch späte Mähzeitpunkte können mehr Pflanzenarten blühen und Samen bilden. Von dem größeren Blütenangebot profitieren Insekten. FRANZISKA WENGER Referentin Volksbegehren Artenvielfalt, Landesgeschäftsstelle Hilpoltstein E-Mail: franziska.wenger@lbv.de

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