LBV magazin 4-25

10 LBV MAGAZIN 4|25 THEMA DR. NORBERT SCHÄFFER LBV-VORSITZENDER Haben Sie schon einmal Alpensalamander aus der Nähe gesehen? Ihr glänzend schwarzer Körper erinnert mich an Lakritze. Ihre Biologie ist bemerkenswert: Als einzige heimische Amphibienart sind sie lebendgebärend und benötigen für die Fortpflanzung kein Gewässer. Weibchen bekommen nur ein bis zwei Junge, deren Entwicklung je nach Höhenlage zwei bis vier Jahre dauern kann. Damit ist ihre Reproduktionsrate so gering wie bei Braunbären. Wegen ihrer extrem langsamen Fortpflanzung und geringen Mobilität sind sie besonders verwundbar. Verluste, etwa durch Autos und Fahrräder auf nassen Straßen, sind erheblich. Das zeigen unsere Studien im Allgäu und in Oberbayern. Alpensalamander unter Druck Die teils bestandsgefährdenden Verluste beim Alpensalamander werden oft durch kleine Umweltveränderungen verursacht: ausgebaute Wanderwege und die rasche Verbreitung leistungsstarker E-Bikes, mit denen viele zu jeder Tages- und Nachtzeit mit hoher Geschwindigkeit weit in entlegene Gebiete vordringen. Welche zusätzlichen Effekte der Klimawandel mit trocken-heißen Phasen in den Bayerischen Alpen und der für Feuersalamander verheerende Pilz Bsal haben werden, ist offen. Der LBV informiert Verkehrsteilnehmende und beschildert neuralgische Strecken, damit mit etwas Achtsamkeit das Überfahren seltener passiert. Empfindliche Natur in den Alpen Alpensalamander gehören sicherlich nicht zu den auffälligsten Bewohnern der Alpen. Sehr viel spektakulärer als Bartgeier und Steinadler geht es aber wohl nicht. Gemeinsam haben alle drei Arten, dass sie in ihrem Lebensraum ausgesprochen verwundbar sind: Störungen durch Touristen an einem Steinadlerhorst oder mit Bleimunition belastete Tierkadaver können sich für Steinadler und Bartgeier verheerend auswirken. Selbst wenn sich der Bartgeierbestand in den Westalpen bis zum Allgäu aktuell positiv entwickelt, werden im Osten noch Jahre der Auswilderung nötig sein, um das sehr dünne Vorkommen dort zu stützen und die alpenweit inzuchtgefährdete Art insgesamt genetisch breiter aufzustellen. Unsere Alpen sind für viele Menschen ein Sehnsuchtsort und wirken oftmals wie eine heile Welt. Wie verwundbar die Natur dort aber ist, wird sehr schnell deutlich, wenn man sich die Situation etwas genauer ansieht. Das tun wir mit unserem intensiven Monitoring von Alpenvogelarten. Seilbahnförderung aus der Zeit gefallen Manchmal kann man sich nur noch wundern, beispielsweise über die „Richtlinie zur Förderung von Seilbahnen und Nebenanlagen in kleinen Skigebieten“. Seit Jahren protestiert der LBV gegen dieses Förderinstrument. Am Jenner wurde, wie von uns prognostiziert, durch den Ausbau der Liftanlagen ein wichtiger Birkhuhnbalzplatz vernichtet. Der Skibetrieb am Jenner wurde trotz des mit öffentlichen Mitteln in Millionenhöhe geförderten Liftausbaus nach wenigen Jahren aus wirtschaftlichen Gründen eingestellt – es schneit im Winter einfach nicht mehr ausreichend. Eine Überraschung sollte das wirklich nicht sein! Die Liftanlage wurde in Teilen zurückgebaut – der Bestand der Birkhühner hat sich aber nicht erholt. Nach wie vor wird der Ausbau von Liftanlagen in den Bayerischen Alpen staatlich bezuschusst. Zumindest für Beschneiungsanlagen ist dies nicht mehr der Fall. Für die Birkhühner am Jenner kam diese Entscheidung leider zu spät. Mit dem sogenannten 3. Modernisierungsgesetz hat die Staatsregierung außerdem den Naturschutz deutlich geschwächt. Besonders problematisch ist die Änderung bei der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP): Für viele Vorhaben, die bislang einer UVP-Pflicht unterlagen, etwa in sensiblen Bereichen von Natura 2000-Gebieten, entfällt diese nun. Das bedeutet konkret, dass Verbände wie der LBV nicht mehr automatisch beteiligt werden und schwerSTANDPUNKT Alpen ist verwundbar Die Natur in den Wir dürfen nicht vergessen, was wir bereits verloren haben

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