LBV magazin 3-25

Wenig in der Öffentlichkeit bekannt ist, dass bereits rund 17 Prozent von überwiegend im Staatswald gelegenen Flächen Teil des europäischen Natura 2000-Schutzgebietsnetzwerks sind. Die Waldnutzung ist dort tatsächlich nicht eingeschränkt, solange sich der Zustand des Lebensraums (Lebensraumtypen) und seiner Arten (Schutzgüter) nicht verschlechtert. Die Ausweisung soll großflächig die hier typischen Ökosysteme mit ihren Arten und Funktionen erhalten und vor Umwandlung schützen. Die großen Buchen- und Eichenwälder unserer Mittelgebirge gehören in der Regel zu dieser Kategorie. Um jedoch einen effektiven Waldnaturschutz zu erzielen, braucht es neben diesen Gebieten generell mehr Fläche in Form großer zusammenhängender Waldgebiete für verschiedene Waldarten. Diese müssen über Hecken, Feldraine oder Waldtrittsteine verknüpft sein, um einen Biotopverbund zu schaffen, der Tier- und Pflanzenpopulation verbindet und damit eine genetische Verarmung und Inzuchtdepressionen durch zu kleine Populationen verhindert. Kleine und große Waldschutzgebiete Derzeit gibt es in Bayern 165 Naturwaldreservate mit einer Fläche von rund 7.500 Hektar, in denen keine forstliche Nutzung mehr stattfindet. Ihre durchschnittliche Größe ist mit 45 Hektar eher klein, dafür repräsentieren sie aber alle wichtigen Waldgesellschaften vom Auwald bis zum Schluchtwald, Abseits der fachlichen Diskussionen über gebietsfremde Baumarten in unseren Wäldern wird gerne auch mal in den Medien diskutiert, ob die Skepsis gegenüber nicht-heimischen Baumarten wie der Roteiche (Baum des Jahres 2025) ein Ausdruck versteckter Fremdenfeindlichkeit sei. Die klare Antwort ist: Nein! Ein zentraler Begriff des Naturschutzes ist Autochthonie. Dieser beschreibt die Eigenschaft einer Pflanze oder auch einer Tierart, die von Natur aus in einem bestimmten Gebiet beheimatet ist und dort auch ihren Ursprung hat, ohne dass menschlicher Einfluss notwendig war. Zentrales Ziel des Naturschutzes ist es, von der lokalen bis hin zur globalen Ebene die jeweils gebietsTHEMA heimischen Lebensgemeinschaften zu erhalten und ihre Entwicklung zu gewährleisten. Das gilt sowohl für die Natur- als auch die Kulturlandschaft. Gleiches gilt für die einzelnen autochthonen, standortheimischen Arten. Damit soll die Gesamtartenvielfalt auf der Erde erhalten bleiben. Das Gegenteil davon ist die sogenannte McDonaldisierung der Natur: Gefördert durch menschliche Eingriffe setzen sich zunehmend und großflächig Generalisten durch, oft zulasten der gebietstypischen Vielfalt an Lebensräumen, in denen viele Spezialisten leben. Begriffe wie Autochthonie unreflektiert auf unsere menschliche Gesellschaft anzuwenden, ist gefährlich und geschieht aktuell vor allem gezielt durch 14 LBV MAGAZIN 3|25 FOTOS: DR. OLAF BRODERS, DR. CHRISTIAN STIERSTORFER, TABITAZN - STOCK.ADOBE.COM Kräfte und Parteien der Neuen Rechten, um rassistischem Gedankengut einen wissenschaftlichen Anstrich zu geben. Dies ist durchaus vergleichbar mit dem Sozialdarwinismus des letzten Jahrhunderts. Die Prinzipien der Evolutionstheorie wurden auf den Menschen übertragen, mit den bekannten katastrophalen Folgen. Wichtig ist vielmehr, das Invasionspotenzial eingeschleppter oder aktiv eingebrachter Arten abzuschätzen und deren Ausbreitung genau zu beobachten, um gegebenenfalls gegensteuern zu können. Dabei ging und geht es schlicht um die Verwirklichung wissenschaftlich gut begründeter Naturschutzziele. DR. CHRISTIAN STIERSTORFER Nicht-heimische Baumarten unerwünscht? Roteichenblätter

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