Volksbegehren Artenvielfalt: Erster Stresstest nicht bestanden

Neue Streuobst-Verordnung weicht Naturschutz auf, anstatt ihn zu stärken

Der bayerische Ministerrat hat heute im Zuge der Umsetzung des Volksbegehrens Artenvielfalt – „Rettet die Bienen!“ eine neue Biotop-Verordnung verabschiedet. Wir sehen darin den ersten Praxistest für die Umsetzung des Volksbegehrens. „Trotz zahlreicher positiver Schritte bei der Umsetzung des Volksbegehrens durch die Staatsregierung ist sie bei diesem ersten Stresstest krachend gescheitert“, so der LBV-Vorsitzende Dr. Norbert Schäffer.

Streuobstwiese | © Peter Bria © Peter Bria
Damit eine Streuobstwiese geschützt wird, müssen in Zukunft mindestens 75 Prozent der Streuobstbäume ihren Kronenansatz in mindestens 1,80 Meter Höhe haben. Dies wird jedoch in den allerwenigsten Streuobstwiesen der Fall sein.

Obwohl die gesetzliche Verpflichtung durch das Volksbegehren eine höhere finanzielle Förderung der Schutzmaßnahmen von Landwirten bringt, führt die neue Biotop-Verordnung dazu, dass fast keine Streuobstwiesen in Bayern mehr unter Schutz stehen.

„Der Bürgerwille aus dem Volksbegehren wird damit umgangen, die Umsetzung des neuen Artenschutzgesetzes beim Streuobstschutz wird somit zur Farce“, kritisiert Schäffer. „Der LBV wird dies nicht hinnehmen und deshalb gegen die Aushebelung des im Volksbegehren vorgesehenen Schutzes von Streuobstwiesen klagen.“

Neue Verordnung ist wie ein Schlag ins Gesicht

Kirschbäume in voller Blüte auf einer Wiese | © Claudia Becher © Claudia Becher

Es sind scheinbar technische Details, welche die neue Biotop-Verordnung für den LBV und die weiteren Vertreter des Volksbegehrens Artenvielfalt wie einen Schlag ins Gesicht wirken lassen. Damit eine Streuobstwiese geschützt wird, müssen in Zukunft mindestens 75 Prozent der Streuobstbäume ihren Kronenansatz in mindestens 1,80 Meter Höhe haben.

Dies wird jedoch, nach einer repräsentativen Probekartierung des LBV, in den allerwenigsten Streuobstwiesen im Freistaat der Fall sein. Darüber hinaus ist für die Artenschützer des LBV unverständlich, weshalb die bayerischen Förderprogramme für Landwirte im Gegensatz zur neuen Verordnung von einem Kronenansatz in Höhe von 1,60 Meter oder sogar 1,40 Meter ausgehen.

„Für die jetzt beschlossene Anhebung des Kriteriums gibt es keinen sachlichen Grund“, so Schäffer. Untersuchungen des LBV in Ober-, Mittel- und Unterfranken zeigen, dass ein Großteil der bisher als Streuobstwiesen klassifizierten Bestände nach der neuen Verordnung nicht mehr als solche eingestuft würden – und damit ihren Status als geschütztes Biotop verlieren. „Die Folge: nach der neuen Streuobst-Verordnung, die entsprechend dem Volksbegehren eigentlich wertvolle Streuobstwiesen- und -weiden erhalten soll, wird nahezu allen Streuobstwiesen dieser Schutz verwehrt“, erklärt der LBV-Vorsitzende.

Rechtliche Verpflichtung für den Schutz von Streuobstwiesen gibt es derzeit nicht

Der LBV hat die im Verordnungsentwurf enthaltenen Kriterien bereits Ende 2019 deutlich kritisiert und auf die negativen Effekte für den Schutz von Streuobstwiesen hingewiesen.

Dennoch wurde der Entwurf heute vom Ministerrat unverändert angenommen. „Zahlreiche Schritte bei der Umsetzung des Volksbegehrens, beispielsweise Finanzierungszusagen und neues Personal, lassen uns hoffen, dass die Regierung es mit dem Natur- und Artenschutz wirklich ernst meint. Die jetzt vorliegende Biotopverordnung ist hinsichtlich des Schutzes von Streuobst jedoch eine große Enttäuschung. Die Regierung hat diese Nagelprobe nicht bestanden“, so Schäffer. „Stattdessen wird viel Geld dafür ausgegeben, damit Streuobstbestände auch in Zukunft genutzt werden, eine rechtliche Verpflichtung für deren Schutz gibt es jedoch nicht.“

In Bayern wurde die Förderung einzelner Bäume im Vertragsnaturschutzprogramm von 8 auf 12 Euro angehoben. Zum Vergleich: in Hessen sind es nur 6 Euro pro Baum, in Baden-Württemberg lediglich Euro 2,50.

LBV-Stellungnahme und Verbesserungsvorschläge

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© Ralph Sturm

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